Wie wichtig es ist, seinen Kunden in den Mittelpunkt der Produktentwicklung und Vertriebsstrategie zu stellen, sollte jedem Shopbetreiber klar sein. Dabei bietet die Empathy Map Unternehmen die Möglichkeit, sich besser in den Kunden hineinzuversetzen und so ein richtiges Zielgruppenverständnis zu entwickeln.
Was genau denkt und fühlt mein Kunde?
Um sich mit seiner Zielgruppe auseinanderzusetzen, diese einzuschätzen und sie gerade im Online Business greifbarer zu machen, hat sich schon seit vielen Jahren die Buyers Persona (oder nur Persona) als Methode etabliert. Gerade auch im Bereich Webentwicklung und E-Commerce Konzeption ist die Persona ein wichtiges Mittel, um die typischen Nutzergruppen dem Projektteam näher zu bringen sowie die Anforderungen und Features für diese Personas zu konzipieren.
Für die Erstellung von fundierten Personas benötigt man Daten aus Quellen wie Online Tracking Tools, Zielgruppen-Interviews, Fokusgruppen oder anderen Marktforschungsmethoden. Auf Basis dieser Daten können dann Personas gebildet werden. Diese werden intern abgestimmt und am Ende meist noch in schöngestalteter Form aufbereitet und sollen so im gesamten Projektverlauf herangezogen werden. Das Problem ist meist, dass die Personas gerade am Anfang des Projektes – also in der Konzeption – genutzt werden, aber die permanente Arbeit mit ihnen im Projektverlauf dann vernachlässigt wird. Und dafür war die Erstellung doch auch irgendwie zu aufwendig und teuer.
Ist die Empathy Map hier also eine Alternative, um sich schneller und günstiger mit der Zielgruppe meines Onlineshops auseinanderzusetzen?
Was ist die Empathy Map?
Wie die direkte Übersetzung schon vermuten lässt, ist die Empathy Map eine „Empathie Karte“, d.h. es geht weniger um die harten und objektiven Fakten der Zielgruppe, sondern vielmehr darum, Empathie mit dem Kunden zu entwickeln und sich in diesen hineinzufühlen.
Ein klarer Vorteil gegenüber der Entwicklung von Personas liegt in der Geschwindigkeit. Denn bei der Empathy Map handelt es sich um eine sehr schnelle Methode: laut David Grey (Erfinder der Empathy Maps) reichen 20 Minuten für den ersten Entwurf.
Die klassische Empathy Map hat die folgenden 4 Quadranten: Denken & Fühlen, Sehen, Hören, Sagen & Tun, so wie die abgeleiteten Bereiche Probleme und Bedürfnisse/Ziele. Wichtig ist auch immer den Fokus oder die Situation festzulegen, in der sich der Kunde befindet. Eine leere Empathy Map könnte so aussehen:
Wie geht man am besten vor?
Entscheidet man sich für die Anwendung einer Empathy Map, könnte der Ablauf wie folgt aussehen:
- Einstieg & Rahmenbedingungen klären
Zunächst muss der Fokus der Empathy Map festgelegt werden. Wer ist die Benutzerperson und in welcher Situation befindet sich diese? Auch die einzelnen Felder der Empathy Map sollten noch einmal zu Beginn durchgesprochen und eventuell angepasst werden.
- Vier Quadranten füllen
Wurden die Rahmenbedingungen geklärt und jedes Teammitglied kennt seine Aufgabe, beginnt die eigentliche Erstellung der Empathy Map. Dabei soll sich jedes Teammitglied bestmöglich in die vorher bestimmte Benutzerperson hineinversetzen und für sich die Felder ausfüllen.
- Zusammenführung & Analyse
Anschließend werden alle Inhalte gesammelt und zur gemeinsamen Empathy Map zusammengeführt. Diese wird besprochen und mögliche Probleme und Ziele abgeleitet. Für diese Probleme und die möglichen Bedürfnisse/Ziele der Person können dann Features abgeleitet werden.
Von der Theorie zur Praxis
Natürlich klingt der Ablauf zunächst noch sehr theoretisch und ist schwierig vorstellbar – hier hilft ein Beispiel. Wir bei netz98 haben in einer internen Veranstaltung eine Empathy Map entwickelt. Die folgende Situation liegt der Map zugrunde:
Unser Unternehmen verkauft Artikel im Bereich Möbel, Gartenartikel, Dekoration & Handwerk an verschieden Standorten im europäischen Raum. Wir haben einen eigenen Onlineshop, der den stationären Handel als weiteren Vertriebskanal erweitert. Aufgrund der aktuellen Corona-Situation wollen wir online die Möglichkeit schaffen, dass die Kunden einen Termin für Vorort-Shopping vereinbaren können. Der User bespricht abends mit seiner Familie was gebraucht wird und möchte für den nächsten Tag nach Feierabend einen Termin in unserem Geschäft in Mainz buchen.
Das Team hat sich in den User hineinversetzt, sich Gedanken zu den einzelnen Feldern gemacht, alle Punkte gesammelt und diese im Online-Tool miro zusammengeführt:
Wann macht die Empathy Map Sinn für E-Commerce?
Bei der Empathy Map handelt es sich um eine relativ einfache und vor allem schnelle Methode, die es den Teammitgliedern ermöglicht, „Empathie“ mit dem Kunden aufzubauen. Dabei geht es wie bereits beschrieben nicht um das definieren harter Fakten zu den potentiellen Kunden und der Zielgruppe. Vielmehr können und sollen mit der Empathy Map Gedanken angestoßen werden, um über den Tellerrand hinauszublicken und die Teammitglieder in die Lage versetzt werden, einzigartige Kundenerlebnisse zu schaffen. Die verschiedenen Blickwinkel im Team schärfen dabei das Bild des potentiellen Kunden. Bei der Entwicklung einer Empathy Map steht nicht das Ergebnis im Vordergrund, sondern der Prozess. Das bedeutet, dass dadurch keine „perfekten“ Vorlagen geschaffen werden, die immer wieder im Projektverlauf hervorgeholt werden und auf einer validen Datenbasis beruhen.
Empathy Maps machen für den E-Commerce also vor allem dann Sinn, wenn das Ziel ist, die Projektmitglieder schnell für die Kunden zu sensibilisieren und eignen sich insbesondere im Rahmen folgender Situationen:
- Einstieg in kreative Workshops
- Innovationsworkshops
- Entwicklung von neuen Features
- Erstellen neuer Online Produkte
Da Empathy Mapping eine Methode für das Projektteam ist, ist sie somit keine Alternative zur Erstellung der Persona, da sie einen ganz anderen Fokus hat. Falls man noch keine Personas erstellt hat, kann die Methode einem helfen, sich in die Zielgruppe hineinzuversetzen und durch die schnelle Erstellungszeit ist sie gerade als Einstieg in Workshops gut geeignet.
Nachdem man die Empathy Map gemeinsam analysiert hat, geht es meist darum die Customer Experience zu designen. Hierfür eignen sich Methoden wie Customer Journey Mapping, Value Proposition Map oder das Scribbeln von Wireframes. Anschließend können weitere Schritte folgen, wie z.B. die Erstellung einer Digitalstrategie, die Konzeption von Onlinemarketingmaßnahmen oder die Integration neuer Technologien. Wir beraten Sie gerne zu ihren Möglichkeiten.
Prinzipiell ist es so, dass es Menschen von Natur aus schwer fällt mit anderen Menschen. Empathie zu entwickeln. Dies dann morgens im Meetingraum für eine Person und Situation zu machen, in der man sich gerade gar nicht befindet, ist umso schwerer. Daher ist es sehr wichtig, alle abzuholen und die Methode öfter auszuprobieren. Vermutlich ist es auch einfacher Empathy Maps mit Personengruppen zu erstellen, die es gewöhnt sind kreative Methoden anzuwenden.
Bilder: freepik, netz98