Wer als Shopbetreiber die komplexe Preis- und Variantenkonfiguration von SAP in sein Shop-Frontend integrieren will, braucht ein tiefgreifendes Verständnis der beteiligten Komponenten. Im Blogbeitrag blicken wir auf die betroffene SAP-Landschaft und betrachten am Beispiel von Adobe Commerce (Magento), inwieweit das Shopsystem damit interagiert.
Flexible Produkte erhöhen Anforderungen
Setzt ein E-Commerce-Unternehmen auf eine SAP-Landschaft, gibt es immer wieder Besonderheiten in der Verknüpfung mit dem öffentlichen Shopsystem zu beachten. Dies ist auch dann der Fall, wenn es darum geht, im Shop Produkte anzubieten, die sich Kunden selbst durch die Kombination mehrerer Merkmale zusammenstellen können. Ein Beispiel: In einem Shop werden Bürostühle angeboten, bei denen die Kunden sich etwa das Material des Sitzes, die Farbe und die Art des Gestells selbst kombinieren dürfen. Hierzu gibt es etliche Kombinationsmöglichkeiten und es stellt sich die Frage, wie die im SAP-System vorhandenen Produktdaten zu den verfügbaren Ausführungen an die passenden Stellen in das Shopsystem übertragen werden.
Baldiger Wechsel der SAP-Dienste
Zunächst ist es wichtig, das entsprechende Tool innerhalb der SAP-Architektur zu kennen. Bislang ist hier der SAP-Dienst LO-VC entscheidend – eine Abkürzung für Materialstamm Logistik Variant Configuration. Dieser dient nicht nur der Produktkonfiguration, sondern unter anderem auch der zugehörigen Preisermittlung. Zu beachten ist, dass SAP bereits den Nachfolger AVC (Advanced Variant Configuration) angekündigt hat. Dieser ist eine technologische Neuentwicklung, bietet aber einen vergleichbaren Funktionsumfang. Bei einer Neu-Implementierung eines SAP-Systems sollten also die verfügbaren Optionen genau abgewogen werden. Besteht im Unternehmen bereits eine SAP-Infrastruktur mit LO-VC, sollte über eine Wechselstrategie (Stichwort „Bluefield“) nachgedacht werden – netz98 ist hierbei gerne behilflich.
Daten- und Benutzermanagement optimieren
Grundsätzlich führen auch in Bezug auf die notwendige Infrastruktur mehrere Wege zum Ziel. Um einen schnellen, zuverlässigen und sicheren Datenaustausch zu ermöglichen, wird häufig die SAP Business Technology Platform (BTP) eingesetzt. Diese bietet externen Anwendungen einen zentralen Zugang zu den relevanten Diensten. Je nach Komplexität der möglichen Konfigurationen empfiehlt es sich, Produkt- und Variantendaten durch einen zusätzlichen Caching-Layer innerhalb einer leistungsstarken S4/HANA-Datenbank zwischenzuspeichern. Dies kann in vielen Fällen zu drastischen Performance-Steigerungen bei Produkt- und Preisabfragen führen.
Ein elementarer Teil der Anbindung wird in den meisten Fällen auch ein funktionables Benutzermanagement sein. Dieses erlaubt der Anwendung, bestimmte Merkmale wie zum Beispiel Sonderkonditionen in der Produkt- und Preisfindung zu berücksichtigen. Häufig ist die Benutzerauthentifizierung sehr individuell und sollte in jedem Projekt bereits frühzeitig analysiert und konzeptioniert werden. Durch unsere bereite Erfahrung aus unterschiedlichen Projekten, kann netz98 auch in dieser Hinsicht unterschiedliche Optionen vorstellen.
Frontend-Integration in Adobe Commerce
Nachdem in einem ersten Schritt die grundlegende Kommunikation zwischen SAP und der Außenwelt geklärt wurde, folgt nun die Integration der bereitgestellten Dienste in das Shopsystem. In jedem Fall empfiehlt es sich, dass das Kunden-Frontend nicht direkt mit SAP kommuniziert, sondern stattdessen das E-Commerce-Backend als zusätzlicher Layer fungiert. Zum einen geschieht dies aus Sicherheitsgründen, da so jede Anfrage separat validiert und authentifiziert werden kann. Zum anderen ermöglicht dieses Vorgehen die Rohdaten des ERP-Systems mit zusätzlichen Inhalten – etwa Validierungsregeln, Produkttexte und weitere CMS-Daten oder auch Bilder und 3D-Modelle – anzureichern. Adobe Commerce ist aufgrund seiner flexibel erweiterbaren Architektur prädestiniert für dieses Vorgehen, wie netz98 in zahlreichen Projekten immer wieder festgestellt hat.
Der Darstellung des Variantenkonfigurators im Kunden-Frontend des Onlineshops sind keine Grenzen gesetzt, so dass eine für den Anwendungsfall ideale User Experience erreicht werden kann. Dazu zählen beispielsweise folgende Möglichkeiten:
- Eine textbasierte Darstellung mit einfachen Eingabefeldern
- Viele verschiedene Eingabefelder innerhalb einer Konfigurationsmatrix
- Eine Bedienung über Dropdown- und Multiselect-Menüs oder Schieberegler, die Eingaben von Text beziehungsweise Zahlen überflüssig machen
- Ein 3D-Konfigurator, der eine Vorschaufunktion zur gewünschten Produktzusammenstellung liefert
- Ein Produktberater, der durch das Abfragen unterschiedlicher Merkmale durch den Konfigurationsprozess leitet
Wichtig in (fast) allen Fällen ist, dass die Anpassungen innerhalb des Konfigurators nicht dadurch erschwert und verlangsamt werden, wenn die Shopseiten ständig neu geladen werden müssen. Deshalb erfolgt die Kommunikation zwischen der Kundenanwendung im Frontend und dem Backend von Adobe Commerce – und damit indirekt auch SAP – in der Regel asynchron mittels AJAX.
Preisfindung für Produktseite und Warenkorb
Generell sind beim Konfigurationsprozess auf Funktionsebene zwei Bereiche zu unterscheiden: die besagte Konfiguration eines Artikels auf der Produktdetailseite des Shops und der fertig konfigurierte Artikel, der bereits im Warenkorb liegt. Auf beiden Ebenen sieht das Zusammenspiel von SAP und Adobe Commerce unterschiedlich aus. So erfolgen auf SAP-Empfehlung die Konfiguration und Preisberechnung auf der Produktseite zustandslos, also ohne, dass die Konfigurationsdaten dauerhaft im System gespeichert bleiben müssen.
Das bringt den Vorteil mit sich, dass der Prozess schneller abläuft und sich in SAP keine Daten ansammeln, die möglicherweise nicht mehr benötigt werden. In Adobe Commerce könnte die Konfiguration aber durchaus für einen längeren Zeitraum vorgehalten werden, z.B. wenn eine Konfiguration zuvor durch den Kunden auf der Merkliste abgelegt wurde. Diese kann dann bei einem späteren Aufruf dann wieder an SAP übergeben werden, um den zum jeweiligen Zeitpunkt aktuellen Preis abzurufen.
Ist ein fertig konfigurierter Artikel erst einmal in den Warenkorb gelegt und in der Datenbank von Adobe Commerce gespeichert worden, wird die Konfiguration an SAP übergeben. Dort werden die ausgewählten Merkmale validiert und schließlich ein finaler Preis für den individuellen Artikel berechnet. In diese Preiskalkulation können auch zusätzliche Elemente wie Steuern oder Frachtgebühren einbezogen werden – entsprechend der vorhandenen Einstellungen in SAP. Abschließend wird der individuell berechnete Preis an die Frontend-Anwendung übergeben und dort dem Kunden angezeigt. Dieser gesamte Prozess nimmt in der Regel nur einige Hundert Millisekunden in Anspruch und ist aus Sicht des Benutzers nicht von anderen Lösungen zu unterscheiden.
Die Integration einer komplexen Preislogik in eine E-Commerce-Landschaft ist häufig schwierig und von zahlreichen Nebenbedingungen geprägt. Neben dem eigentlichen Produktpreis sind häufig Auf- und Abschläge, technische Vorgaben oder Besonderheiten der Frontend-Anwendung zu berücksichtigen. Adobe Commerce bietet durch seinen modularen Aufbau einen maximalen Individualisierungsgrad – auch in Bezug auf die Preisgestaltung und deren relevante Elemente. Sofern dieser Themenkomplex für ein Projekt von Bedeutung ist, wird netz98 bereits in einer frühen Phase gemeinsam mit allen relevanten Stakeholdern Anforderungen und Lösungen abstimmen.
Gesamtarchitektur berücksichtigen
Insgesamt ist die Integration der SAP-Variantenkonfiguration in Adobe Commerce – wie auch allen anderen E-Commerce-Anwendungen – kein triviales Unterfangen. Es ist für eine erfolgreiche Vereinigung beider Systeme nicht nur ein tiefgreifendes Verständnis über die beidseits benötigten Module und Anpassungen, sondern ebenso über ergänzendes Frontend/UX-Design erforderlich. Zudem ist auch und vor allem die letztendliche Gesamtkomposition der unterschiedlichen Anwendungen entscheidend. Stimmt in dieser Architektur alles, entsteht im Optimalfall ein wirkungsmächtiges Tool, das auch die komplexesten Produktvarianten und Preisberechnungen erlaubt.
Das wiederum sorgt dafür, dass sich der Nachbereitungsaufwand von Bestellaufträgen deutlich reduziert und für die Kunden verlässlichere Angebote und Verkaufsabschlüsse bei individuellen Produktkonfigurationen sichergestellt werden können. Zudem entsteht durch die erfolgreiche Verzahnung von Preis- und Produktkonfiguration ein Single-Point-Of-Truth zum Produktdatenbestand, der verlässlich alle relevanten Informationen vereint. Schon in vielen Kundenprojekten konnte netz98 die SAP-Variantenkonfiguration für Adobe Commerce-Projekte erfolgreich umsetzen.
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