Das Verwerten von Kundeninformationen im Hintergrund ist für Unternehmen durch die DSGVO inzwischen klar reglementiert. Es gibt jedoch eine Art der Datenerhebung, die rechtlich leichter zu händeln ist: Informationen zu verwerten, die Kunden aus eigenem Antrieb und bewusst preisgeben. Im Blogbeitrag beschreiben wir, was diese Kategorie ausmacht.
Die gängigen Datenarten und ihre Problematik
In der stetig wachsenden E-Commerce-Welt kommen riesige Datenberge über das Verhalten und die Vorlieben von Verbrauchern zusammen. Unternehmen können diese Angaben auf verschiedenen Wegen erlangen und für ihr Geschäft und die Ausgestaltung der Customer Journey nutzen. Inzwischen ist es in der Branche zur Normalität geworden, die Informationsmengen nach einem dreigliedrigen Schema aufzuteilen:
- First-Party-Daten: Unter diesen Begriff fallen alle Daten, die eine Firma selbst aktiv erhebt. Beispiele sind Informationen zum Verhalten der Kundschaft im Onlineshop – wie etwa bei Produktsuche und Checkout – oder zu einzelnen Bestellungen. Meist laufen diese Daten im CRM-System des Unternehmens zusammen und werden genutzt für die Kontaktpflege zu Kunden und das Ausspielen gezielter Inhalte.
- Second-Party-Daten: Hier sind Informationen gemeint, die ein Unternehmen von einem Geschäftspartner oder Dienstleister erhält. In der Regel sind diese Informationen spezialisierter als die First-Party-Daten, da sie sich auf bestimmte Geschäftsvorgänge oder Tools beziehen. Sie ergänzen die firmeneigenen Datensätze meist ideal.
- Third-Party-Daten: Braucht eine Firma umfangreiche Datensätze zu einzelnen Zielgruppen und Kundenprofilen, kann es sie von externen Drittanbietern kaufen. Solche Datenhändler können die Informationen mitunter ebenfalls gekauft oder selbst erhoben haben. Diese Daten umfassen das Verhalten der Konsumenten auf anderen Kanälen und bieten weitergehende Personenangaben.
Um diese drei Arten von Daten kreisen heute die strategischen Überlegungen von E-Commerce-Unternehmen. Seit Einführung der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) in der Europäischen Union ist das Erheben der Kundendaten jedoch mit Auflagen für Firmen sowie einer Scheinsicherheit für Konsumenten verbunden: Die Anbieter von Online-Angeboten müssen die ausdrückliche Zustimmung der Konsumenten einholen, um deren Aktivitäten nachverfolgen zu dürfen. Entsprechend müssen die Kunden beim Öffnen einer Webseite, eines Onlineshops oder speziellen Tools den Nutzungsbedingungen zustimmen. Die meisten von ihnen dürften dies jedoch leichtfertig tun, ohne die ausführlichen Belehrungstexte durchgelesen zu haben. Sie stimmen somit den meisten konkreten Verwendungszwecken nur unbewusst zu. Im Falle der Third-Party-Daten ahnen die Kunden wohl noch nicht einmal etwas von deren Nutzung.
Umgang mit Customer Data wichtig für Marken-Vertrauen
Gleichzeitig scheinen Konsumenten zunehmend sensibilisiert zu sein für die angemessene Behandlung ihrer Daten. Wie die Studie „Future of Marketing“ von Adobe zeigt, würden über 70 Prozent der befragten deutschen Verbraucher nicht erneut bei einem Unternehmen kaufen, das einmal ihre Daten missbraucht hat. Zudem nennen jeweils gut 40 Prozent eine zu penetrante Verfolgung auf Online-Kanälen beziehungsweise mangelnde Informationen über die Datennutzung als Hauptgrund für eine Abkehr von einem Unternehmen. Wie die Studie ebenfalls ermittelt hat, setzen die Firmen in der Folge bei ihrer Customer-Data-Strategie vermehrt auf First-Party-Daten, deren Erhebung noch am besten von der Kundschaft nachvollzogen werden kann. 86 Prozent der Unternehmen verfügen bereits über eine entsprechende First-Party-Strategie, viele wurden erst durch die DSGVO-Einführung darauf gebracht.
Die „Vorstufe“ zu First-Party-Daten
Es gibt jedoch eine Datenkategorie, die auf noch mehr Akzeptanz bei der Kundschaft treffen kann – auch wenn sie sich erst nach und nach bei den E-Commerce-Anbietern durchsetzt: Als eine Art Vorstufe zu den First-Party-Daten macht das noch recht junge Schlagwort Zero-Party-Data immer häufiger die Runde. Dabei handelt es sich ebenfalls um Informationen, die unmittelbar in Unternehmen zusammenlaufen, im Gegensatz zu First-Party-Daten jedoch nicht erst aktiv über Cookies oder Analyse-Software im Hintergrund erhoben werden müssen.
Stattdessen liefern die Konsumenten die Daten bereits aus eigenem Antrieb wissentlich frei Haus. Das geschieht im Wesentlichen über verschiedenste Formen von Interaktionen: So zählen etwa Kontaktformulare, Mails und Chatbots dazu, die Kunden bei Fragen und Problemen nutzen. Auch gezielte Reaktionen auf Social-Media-Beiträge eines Unternehmens sorgen für das Entstehen von Zero-Party-Data, genauso wie die Teilnahme an Umfragen und Gewinnspielen. An all diesen Kontaktpunkten geben Konsumenten Informationen über ihre Person, ihre Bedürfnisse und Präferenzen freiwillig preis.
Eigentum der Verbraucher
Allerdings entbindet der Aspekt der Freiwilligkeit eine Firma nicht automatisch davon, klar zu kommunizieren, welche der Zero-Party-Daten sie tatsächlich speichert und für weitere Zwecke verwenden möchte. Schließlich gehören diese Informationen den Verbrauchern selbst, die frei entscheiden können, an welchen Interaktionen sie teilnehmen wollen. Im Gegensatz zu den anderen drei Datenkategorien haben sie somit die Freiheit, sich gegen eine Erhebung und Verwertung der Zero-Party-Daten zu entscheiden. Immerhin ist deren Freigabe nicht erforderlich, um das Angebot einer Website oder eines Shops vollumfänglich nutzen zu können. Eine solche Art von Zugangsbarriere dürfen Firmen erst ab der Stufe der First-Party-Daten einstellen. Diese gehören einem Unternehmen – unter Berücksichtigung der DSGVO – selbst.
Second-Party-Daten teilen sie sich mit einem anderen Unternehmen und Third-Party-Daten gehören ihnen ursprünglich gar nicht, sondern den jeweiligen Datenhändlern. Zero-Party-Daten nehmen also beidseitig einen besonderen Stellenwert ein: Für Verbraucher, weil sie selbst die alleinige Entscheidungsgewalt darüber behalten und einer Nutzung jederzeit ohne nachteilige Folgen widersprechen können. Für Unternehmen, weil sie durch die bewusste Informationsübermittlung der Konsumenten rechtlich von vorneherein auf der sicheren Seite sind und die Datenerhebung transparenter ist als bei Aktivitäten im Hintergrund. Es entsteht im besten Fall also eine Win-Win-Situation.
Schluss mit dem Schlussfolgern!
Einen weiteren großen Vorteil für E-Commerce-Firmen besteht in der Klarheit, die ihnen Zero-Party-Daten verschaffen. Bei den drei anderen Datenkategorien entstehen durch das Sammeln oft zunächst indirekte Informationen zu groben Verhaltensmustern der Konsumenten. Daraus müssen in der anschließenden Analyse häufig erst einmal Schlussfolgerungen zu den konkreten Interessen und Wünschen gezogen werden. Auch wenn diese Analysen von ausgeklügelter Software gestützt und inzwischen vielfach durch Künstliche Intelligenz übernommen werden, bleiben sie letztlich in vielen Aspekten Interpretation.
Die Zero-Party-Daten dagegen müssen nicht erst gedeutet werden – hier teilt der Kunde schließlich direkt selbst mit, was seine Anliegen sind. Das ermöglicht den Firmen, unmittelbar und zielgenau darauf einzugehen. Der Kundenservice und die Ausgestaltung einer personalisierten Customer Journey werden effektiver, das Risiko falscher Rückschlüsse wird minimiert. Zudem sparen Unternehmen mitunter Geld und Zeit für aufwendige Analysen. Dennoch lassen sich die Erkenntnisse aus den Zero-Party-Daten, wenn sie für einen bestimmten Zweck nicht ausreichen, natürlich jederzeit mit weitergehenden Informationen aus den anderen Datenkategorien kombinieren.
Mittel für gestärkte Kundenbeziehungen
Letztlich wirkt sich die strategische Nutzung von Zero-Party-Data positiv auf das Verhältnis zur Kundschaft aus. Da die Konsumenten aktiv in die Datenerfassung eingebunden sind und direkt miterleben, was mit ihren Angaben passiert, erhöht sich ihr Vertrauen in die Marke. Auch die Bindung ans Unternehmen wird gestärkt, da die Verbraucher beim Abgeben ihrer Zero-Party-Daten typischerweise enger mit der Firma in Kontakt treten. Der Fokus auf diese aufstrebende Datenkategorie vereint das Persönlichkeitsrecht mit der heute so zentralen Personalisierung des Angebots. Davon profitieren Konsumenten ebenso wie der E-Commerce.
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