Customer Experience! Channel-Less Customer! End-To-End-Experience! Experience-Driven Commerce! Diese und ähnliche Schlagworte werden gerade durchs E-Commerce-Dorf getrieben, besonders von namhaften Firmen wie SAP, Adobe und Salesforce. Zu Recht. Die Technologie-Anbieter haben verstanden, dass sich das Einkaufsverhalten des modernen Kunden verändert. Darauf muss adäquat reagiert werden.
Warum werden Customer Experience, End-to-End-Experience und Co. zunehmend wichtiger?
Um diese Frage zu beantworten, ist es wichtig, den Kunden und sein Einkaufsverhalten zu verstehen. Machen wir hierzu zuerst einen kurzen Ausflug in die Vergangenheit.
Früher war Einkaufen eine anstrengende Tätigkeit. Für Schuhe gingen wir in ein Schuhgeschäft, für Spielzeug in einen Spielwarenladen, für Nahrungsmittel in den Supermarkt, und Werkzeuge gab es nur im Baumarkt.
Wie ist es heute? Der Amazon- und Zalando-verwöhnte Kunde liegt ganz entspannt auf der Couch, arbeitet mit ein paar Klicks seine Einkaufsliste ab und wartet, bis der Paketbote klingelt. Fällt dem Onlineshopper spontan etwas ein, dann gibt er seine Bestellung auch im Büro, im Zug oder auf einer Party auf. Shoppen, immer und überall. Schöne, neue Welt.
42 % der Deutschen kaufen min. 1 x pro Woche online ein.
– pwc –
Die wenigsten Kunden kaufen blindlings ein, besonders nicht bei teuren Anschaffungen. Sie informieren sich tiefgreifend. Dank des Internets sind die Möglichkeiten fast exponentiell angestiegen: Google, Facebook, Instagram, Webseiten, Blogs, YouTube – die Customer Journey fällt fragmentiert und sprunghaft aus. Den Kunden zu greifen und passend mit Informationen und Werbung zu bespielen, wird für Unternehmen von Jahr zu Jahr herausfordernder.
53 % der Deutschen ist es sehr wichtig, dass Online-Bestellungen kostenlos und innerhalb von 2-3 Tagen lieferbar sind.
– Alixpartners –
Dazu kommt, dass die Kunden von heute zunehmend höhere Ansprüche stellen, was sich auf die Customer Experience auswirkt. Detailreiche Produktinformationen mit Bildern und Videos, Bezahlen mit wenigen Klicks, schnelle Lieferung (möglichst kostenlos), einfacher Rückversand, ein immer erreichbarer Support, und so weiter. Passt etwas nicht, springt der Kunde ab und kauft bei der Konkurrenz ein. Diese ist ja nur einen Klick entfernt.
Die Konsumenten shoppen per Smartphone-App, im Browser am PC, per Alexa-Sprachbefehl oder in einem Ladengeschäft. Das „Wo und Wie“ wird zunehmend uninteressanter. Hauptsache, das Bedürfnis wird schnell, einfach, bequem und kostengünstig erfüllt. Der Kunde denkt nicht mehr in Kanälen – er verwandelt sich in einen Channel-Less-Customer.
Größere Unternehmen halten die Bereitstellung von personalisierten E-Commerce-Erlebnissen in Echtzeit für den Bereich mit dem größten Potential in den kommenden drei Jahren.
– Adobe –
Channel-Less Customer: So sieht der Kunde von morgen aus
Dass Smartphones das Einkaufsverhalten verändern, ist nicht neu. Sie werden wichtiger bei der Bedarfsweckung, der Informationsbeschaffung, beim Kaufprozess und der Kommunikation. Das gilt nicht nur für den E-Commerce.
Der Channel-Less Customer möchte auch im Einzelhandel eine sogenannte Mobile Experience erleben. Zum Beispiel, indem er eine Push-Mitteilung erhält, wenn er an einem Ladengeschäft vorbeiläuft, in dem gerade die Wanderschuhe im Angebot sind, die er schon lange haben möchte. Und der Berater, der über das Smartphone gerufen wurde, kann sofort bestmöglich auf den Kunden eingehen, denn er hat Zugriff auf die Bestellhistorie und kennt somit gleich die Vorlieben des Schuh-Interessenten.
Was bringt es, wenn ein Onlineshop auf der Startseite Bikinis bewirbt, aber der Besucher sich gerade in den Bergen befindet und eine dicke Regenjacke für Männer gebrauchen könnte? Nichts.
Der Kunde von morgen erwartet, dass er stets die relevantesten Angebote sieht. Diese müssen auf seine punktuellen Bedürfnisse zugeschnitten sein und zugleich die generellen Vorlieben beinhalten. In unserem Beispiel würde der Onlineshop dem Urlauber eine Regenjacke seiner Lieblingsfarbe, seiner präferierten Marke und seinem Budget entsprechend vorschlagen. Erst wenn sich der Geburtstag der Ehefrau nähert, erscheinen die Bikini-Angebote – selbstverständlich den Vorlieben der Frau entsprechend.
Bleiben wir bei dem Wanderer. Da er sich in den Bergen befindet und schnellstmöglich eine Regenjacke benötigt, schlägt ihm der Onlineshop ein naheliegendes Fachgeschäft vor, wo genau das passende Kleidungsstück (Farbe, Marke, Preis, Qualität, Funktionen, etc.) vorrätig ist. Oder die Jacke wird als Expresslieferung per Drohne zum Kunden gebracht.
Der Wanderer erfährt über sein Mobile Device – Smartphone, Smartwatch, smarte Brille, o.ä. –, wie lange die Lieferung dauert. Die Zeit bis dahin nutzt er für eine Pause in einem Café, das ihm automatisch von seinem digitalen Assistenten empfohlen wurde. Dort gibt es – selbstverständlich – seinen Lieblingskuchen. Auch das wusste die KI.
Gleichgültig, wo der Wanderer seine Jacke kauft: Der Bezahlprozess ist für ihn stets schnell und einfach zu erledigen. Im Optimalfall muss er sich um nichts kümmern, da beispielsweise seine Digital Wallet beim Verlassen des kassenlosen Ladengeschäfts sofort bezahlt.
Fazit
Fasst man alle Erkenntnisse zusammen, wird klar, warum Technologie- und Software-Anbieter mit den angesagten Buzzwords werben: Damit Unternehmen den Channel-Less Customer auf seiner Customer Journey erreichen, müssen sie eine umfassende Customer Experience bieten. Die Customer Experience deckt nicht nur das Einkaufserlebnis an sich ab, sondern bezieht auch Aspekte wie die Recherche und den Aftersales-Prozess mit ein. Der Kunde sollte bestmöglich von Anfang bis Ende (End-To-End) erreicht werden. Wenn das gelingt, entsteht ein Experience-Driven-Commerce.
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