Eine große Konstante im E-Commerce sind Online-Markplätze. Die zwischendurch etwas ins Hintertreffen geratene Sparte erlebt aktuell wieder einen Aufwind. Dafür verantwortlich ist unter anderem eine neue Vermarktungsstrategie namens Retail Media. Was ist das und was hat es mit Marktplätzen zu tun? Wir klären es hier.
Das Auf und Ab der Online-Marktplätze
Der E-Commerce ist geprägt von ständig wechselnden Markttrends, die sich gegenseitig ablösen und so der gesamten Branche immer wieder aufs Neue Schub verleihen. Gerade während der Pandemie ließ sich dies besonders gut beobachten. Einer dieser Trends war unter anderem das stark angestiegene Bedürfnis der Verbraucher, direkt beim Hersteller zu bestellen. Dies nennt sich Direct-to-Customer und brachte die vormals so beliebten Online-Marktplätze, wie zum Beispiel Amazon und Otto, schwer in Bedrängnis.
Und wie es eben so ist mit den sich abwechselnden Trends, schlägt aktuell wieder die Stunde der Marktplätze, dank Retail Media. Vom Namen her lässt sich nicht gleich erschließen, um was es hier genau geht, deshalb eine kurze Erklärung:
Unter Retail Media wird eine Werbemethode verstanden, die vornehmlich auf Online-Marktplätzen eingesetzt wird. Hierbei zahlen Hersteller Geld für Werbemaßnahmen direkt am Ort des Geschehens – nämlich auf dem Online-Marktplatz – um ihre Produkte hervorzuheben. Noch klarer wird das an einem Beispiel: Nehmen wir an, ein Hersteller für Computer-Hardware möchte zwecks Retail Media seine Verkäufe erhöhen. In diesem Zuge zahlt der Hersteller dem Betreiber des jeweiligen Online-Marktplatzes Geld, damit seine Produkte bei den passenden Suchanfragen als erstes angezeigt werden. Dies ist die simpelste Form von Retail Media, aber natürlich gibt es hier noch weitere Abstufungen und Maßnahmen, je nachdem wie groß das Budget und die Kampagne eines werbenden Unternehmens ist. Welche das sind, erläutern wir später.
Das Erfolgsrezept von Retail Media
Zunächst einmal ist es wichtig zu verstehen, wieso Retail Media plötzlich so beliebt ist und damit auch den Online-Marktplätzen generell wieder etwas Auftrieb verschafft hat. Diese Frage lässt sich relativ simpel beantworten: Retail Media ist sehr unkompliziert und bietet im Prinzip jedem Unternehmen die Möglichkeit, mehr Präsenz für seine Produkte zu schaffen. Die Plattform ist bereits durch den Markplatz vorhanden, die Infrastruktur mit Produkt- und sonstigen nötigen Daten auch. Das Einzige, was ein Unternehmen beisteuern muss, ist die Information, welche Produkte gesponsert werden sollen und welchen Umfang die Kampagne haben soll. So können auch ganz neue Unternehmen oder Start-Ups, die selbst keinen eigenen Shop haben, von effektiver Produktplatzierung profitieren.
Dieses simple Prinzip funktioniert tatsächlich so gut, dass der Versandhändler Otto mit Otto Retail Media eigens eine Agentur für die Abwicklung von Retail Media Kampagnen ins Leben gerufen hat. Denn selbstverständlich verdient Otto – genauso wie die Konkurrenz Amazon, Zalando und andere Marktplatzanbieter – sehr viel zusätzliches Geld mit solchen Werbedeals.
Was hier außerdem noch wichtig zu erwähnen ist: In Zeiten von Adblockern, aussterbenden Third-Party-Cookies und dem generellen Durcheinander, welches durch die DSGVO verursacht wurde, ist es umso wichtiger für Unternehmen, trotzdem datenbasierte Werbung schalten zu können. Retail Media bietet hier den optimalen Mittelweg an.
Deshalb ist Retail Media keine Einbahnstraße, sondern tatsächlich so etwas wie eine Win-win-Situation für Marktplatzbetreiber und dort verkaufende Unternehmen. Einen kleinen Haken gibt es aber: Nicht alle Unternehmen haben die gleichen Chancen ihre Produkte mit mehr Präsenz auf den Online-Marktplätzen zu pushen – und das liegt, wer hätte es gedacht, am zur Verfügung stehenden Budget.
Die verschiedenen Ausprägungen von Retail Media
Wie bereits erwähnt, ist Retail Media kein starres Werbekonzept, sondern kann in vielen verschiedenen Abstufungen ausgespielt werden. Was hier alles möglich ist, schlüsselt folgende Übersicht auf:
- Sponsored Products: Die einfachste und wohl am meisten vertretene Variante von Retail Media. Unternehmen zahlen einen festgelegten Betrag an den Marktplatzbetreiber, dass Produkte der eigenen Marke an vorderster Stelle bei den Suchergebnissen erscheinen. Dieses Konzept ist sehr gut vergleichbar mit der klassischen Keyword-Werbung auf Google.
- Multimedia-/Display-Werbung: Als Erweiterung für eine Produktkampagne lassen sich Banner oder kleinere Videoclips innerhalb eines Marktplatzes schalten, um auf bestimmte Artikel zu leiten. Auch hier lässt sich gut ein Vergleich zum Google-Pendant Display-Ads ziehen, nur mit dem Unterschied, dass die Banner nicht auf anderen Seiten angezeigt werden, sondern auf dem Marktplatz, auf dem diese Kampagne platziert wurde. Dies ist aber auch als Kombination mit dem Direktvertrieb eines Herstellers möglich. Anstatt auf Produkte innerhalb des Marktplatzes zu leiten, kann Display-Werbung auch auf den eigenen Onlineshop einer Marke verweisen.
- Landingpages/Markenshops: Für größere Budget-Geldbeutel lässt sich eine Kombination aus allen Varianten rund um ein Produkt schalten, mit einer dazugehörigen Landingpage innerhalb des Marktplatzes. Diese Seiten werden dann in der Regel auch noch prominent auf der Startseite des jeweiligen Online-Marktplatzes positioniert, sodass auch Nutzer, die gar nicht nach den betreffenden Produkten gesucht haben, darauf aufmerksam werden. Dies lässt sich beliebig erweitern, beispielsweise kann um eine Marke herum ein gesamter Mini-Onlineshop im Onlineshop eingebaut werden. Das eignet sich zum Beispiel für Produktkollaborationen oder um eine gesamte Linie anstatt einzelner Produkte zu bewerben. Die Sichtbarkeit dieser Retail Media-Form ist besonders hoch.
- Offsite-Werbung: Streng genommen lässt sich dies nicht mehr zu Retail Media im eigentlichen Sinne zählen, aber viele Marktplätze, allen voran Otto, bieten auch Werbung auf Drittseiten an. Basierend auf den im Marktplatz vorhandenen Daten, kann ein Unternehmen seine Produkte per Banner auf anderen Seiten platzieren, um wiederum auf die Produkte oder die Landingpage auf den Marktplatz zu leiten. So ist Offsite-Werbung im Prinzip das Gleiche wie Display-Werbung, nur außerhalb des Marktplatzes.
Das große Comeback der Marktplätze?
Anbieter wie Otto, Zalando und auch Platzhirsch Amazon bekommen immer mehr Schwierigkeiten ob der verschiedenen Möglichkeiten des E-Commerce. Direct-to-Customer, Click-n-Collect oder auch Instant shopping – all dies sind Verkaufskanäle, die die Kunden zunehmend von zentralisierten Online-Marktplätzen fernhalten.
Retail Media schickt sich aber an, diesem Trend Einhalt zu gebieten. E-Commerce-treibende Unternehmen haben so die Möglichkeit, ohne viel Aufwand Sichtbarkeit zu generieren. Außerdem lässt sich immer mehr beobachten, dass sich die Produktsuche von der klassischen Google-Anfrage zunehmend zur direkten Suche auf Online-Marktplätzen verlagert.
So begründet sich auch der neuerliche Schub von Retail Media, da potentielle Kunden direkt mit Marken zusammengebracht werden – und zwar genau da, wo die Kaufabsicht am höchsten ist: direkt auf einer E-Commerce-Plattform. Gerade durch die unterschiedlichen Varianten und Kombinationsmöglichkeiten stehen dem Konzept Retail Media und den vertreibenden Marktplätzen aussichtsreiche Zeiten bevor. Das Gleiche gilt für sämtliche Hersteller und E-Commerce-treibenden Unternehmen. Grundvoraussetzung ist, Retail Media durchdacht einzusetzen und damit Online-Marktplätze geschickt zu nutzen.
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