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ReCommerce: Mehr als nur ein Nachhaltigkeits-Trend

Klimaschutz und in diesem Zuge auch Nachhaltigkeit gehören branchenübergreifend zu den wichtigsten Themen aktuell. Auch im E-Commerce haben sich inzwischen einige Ansätze etabliert, um zum einen einen Beitrag zu leisten, zum anderen aber auch, um neue Kundengruppen anzusprechen. Ein immer beliebter werdendes Konzept ist dabei der ReCommerce. Was steckt dahinter?

 

Aus alt mach neu – in mehrerlei Hinsicht

Streng genommen ist ReCommerce eine professionalisierte Form des Second-Hand-Online-Handels, mit einem entscheidenden Unterschied: Der Verkauf findet hier zwischen Endkunde und einem Unternehmen statt – nicht wie bei Second-Hand üblich zwischen einzelnen „Privatpersonen“. Hierzu kauft ein Händler Waren an und verkauft sie dann ganz normal auf seinem Onlineshop. Mittlerweile haben sich verschiedene Formen des ReCommerce entwickelt:

  • Re-Sale: Die klassische Form von Second Hand. Professionelle Händler kaufen Waren an und vertreiben diese mit einem Aufpreis für ihre eigene Gewinnspanne auf ihrem Onlineshop. Zur Verdeutlichung: Online-Marktplätze wie Vinted oder eBay zählen nicht dazu, da auch hier der Handel nur zwischen den Usern der jeweiligen Marktplätze stattfindet.
  • Refurbish: Die Waren werden vor dem Weiterverkauf unter einer strengen Qualitätssicherung komplett generalüberholt und erneuert. Dies wird zum Beispiel bei Smartphones besonders erfolgreich praktiziert. In der Regel werden die Waren dann als „wie neu“ angeboten und lassen sich auf den ersten Blick nicht von Neuwaren unterscheiden (Beispielsweise auf der Produktübersicht von Google Shopping)
  • Cash-Back: Dies kommt den üblichen „Alt gegen Neu“-Aktionen sehr nahe. In diesem Fall bieten aber häufig die Hersteller selbst über ihre eigenen Webshops eine Geldprämie für die Rückgabe von alten Geräten. Das zurückgezahlte Geld kann entweder als Betrag auf das Konto gezahlt werden oder mit einer neuen Bestellung beim Hersteller verrechnet werden.

Nun ist An- und Verkauf von Produkten über digitale Plattformen zwar nicht erst seit gestern am Markt angekommen – einer der Vorreiter und exemplarisch für den Erfolg des Konzepts ist der milliardenschwere Börsengang von Auto1 (wirkaufendeinauto.de).
Bereits zuvor buhlten in Deutschland zahlreiche ReCommerce Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen um die Aufmerksamkeit von Kunden. Aber erst durch die verschiedenen Varianten, dem immer stärker werdenden Klimabewusstsein der Verbraucher und nicht zuletzt auch durch die Corona-Pandemie erlebt das Second-Hand-Konzept eine Renaissance. Die Erfolgsstory von ReCommerce gleicht in ihrer Entstehung im Übrigen auch sehr dem wiedererstarkten Direktvertrieb, wie wir bereits in unserem Blog behandelt haben.

Denn richtig eingesetzt bietet ReCommerce für Hersteller und Händler neben dem Nachhaltigkeits-Aspekt als Marketing-Treibstoff weitere spannende Möglichkeiten zur Kundenbindung und Neukundenansprache. Bereits etablierte Erfolgsbeispiele listen wir anschließend einmal auf.

 

Branchenübersicht: Beispiele für erfolgreichen ReCommerce

Die zuletzt genannten „Alt gegen Neu“ Aktionen von Baumärkten und Herstellern wie zum Beispiel Bosch oder Stihl, die mit Cash-Back Prämien warben, wenn man nach dem Verkauf sein altes Gerät einsendet sind wohl einer der bekannteren ReCommerce Aktionen. Diese Prämien sind oft Pauschalen, die dem Nutzer vor allem die Mühe ersparen, sich selbst um einen Verkauf zu kümmern. Denn die angebotenen Prämien sind meist viel niedriger, als die Beträge die durch einen privaten Verkauf erzielt würden. Aber trotzdem sind diese Aktionen immer wieder ein Erfolg, weil es für deine Käufer nicht darum geht, noch einmal möglichst viel Geld herauszubekommen, sondern um das Gefühl, etwas Gutes für das Klima getan zu haben. Und zumindest stimmt das in Teilen, denn eine fachgerechte Entsorgung wird in so auf jeden Fall gewährleistet. Vielleicht trifft der Begriff Abwrackprämie das Konzept deshalb besser.

Im Bereich Fashion ist der größte Anbieter wohl momox fashion aus Berlin oder das Darmstädter Unternehmen Carou. Momox (Mutter-Konzern von momox fashion) zeigt hingegen im Bereich Bücher und anderen Medien wie DVDs und CDs, dass durch den An- und Verkauf von Büchern und Medientiteln Millionen Euro an Umsatz pro Jahr erreichbar sein kann.

Der Bereich Consumer-Elektronik ist in Sachen ReCommerce sicherlich der größte, allein schon durch die nahezu unendlich vielen Smartphones, die sich noch im Umlauf befinden. Aus diesem Grund finden sich mittlerweile zahlreiche Anbieter am Markt. Allerdings sollte hier noch zwischen Anbieter und Retailer unterschieden werden. Plattformen wie rebuy.de oder flip4new.de direkt sind „echte“ ReCommerce-Unternehmen, die im Direktvertrieb zu verorten sind. Andere Webportale wie gravis.de, o2online.de oder auch apple.de bieten den Ankaufservice auf ihrer Website als zusätzlichen Servicebaustein an, arbeiten aber mit Dienstleistern beim Ankauf zusammen.

 

Die Reise ist noch nicht zu Ende

Der vordergründige Nachhaltigkeits-Ansatz, Produkte weiter zu nutzen und dadurch wertvolle Ressourcen zu schonen ist eigentlich Grund genug, dass der ReCommerce-Ansatz weiter ausgebaut, von weiteren Unternehmen wahrgenommen und im besten Fall sogar subventioniert werden sollte. Jedoch ist der ReCommerce in den meisten Unternehmen noch nicht richtig mit den Sales-Prozessen verknüpft – egal ob online oder im stationären Handel.

Deswegen muss ReCommerce ein vollwertiger Teil der Vertriebsstrategie von Unternehmen sein. Intelligent eingesetzt bieten sich spannende Kundenbindungs-Tools für Hersteller und Händler – also ein weiterer Vorteil neben dem Image-Boost und den daraus resultierenden Marketing- und Marktplatzierungsmöglichkeiten.

So lassen sich über den Ankauf von gebrauchten Geräten Rabatte für Endkunden platzieren, ohne den Listenpreis zu verwässern. Zum Beispiel eine Aufstockung des Ankaufspreis „30 EUR zusätzlich auf den Ankaufswert ihres gebrauchten Geräts“.

Die Möglichkeiten sind hier demnach noch nicht ganz ausgeschöpft und bieten vor allem vielen Unternehmen den „nachträglichen“ Zu- und Aufstieg auf dem Nachhaltigkeits-Hype-Train durch neue noch nicht etablierte ReCommerce-Ansätze.

Bild: iStock

 

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Hartwig Göttlicher
Hartwig Göttlicher
Head of Business Development
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