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Moderne Projektmanagent Methoden im E-Commerce (Bild: Freepik / Montage: netz98)

Projektmanagement-Methoden im E-Commerce: eine Übersicht

Können moderne E-Commerce-Projekte mit klassischen Projektmanagement-Methoden realisiert werden? Oder ist eine vollkommen agile Entwicklung die beste Lösung? Wir beleuchten die Vor- und Nachteile beider Vorgehensweisen.

Die Digitalisierung erfordert neue Projektmanagement-Methoden

Fast jedes Unternehmen beschäftigt sich aktuell mit der Digitalisierung von Geschäftsprozessen, dazu gehört zum Beispiel eine E-Commerce-Strategie. Geschäftsmodelle geraten auf den Prüfstand und müssen an die Anforderungen der digitalen Vertriebswege angepasst werden. Das geschieht fast immer unter Zeitdruck: Entweder droht einem Unternehmen den Anschluss an die Digitalisierung zu verpassen und will dieses Versäumnis schnellstmöglich aus der Welt schaffen. Oder das Unternehmen besitzt bereits einen hohen digitalen Reifegrad, den es nutzen möchte, um seinen Vorsprung gegenüber den Mitbewerbern weiter auszubauen.

Alles ist in Bewegung. Lassen sich E-Commerce- oder Digitalisierungsprojekte unter diesen Vorzeichen noch mit klassischen Projektmethoden stemmen? Dies wird von Jahr zu Jahr schwieriger. Agile Methoden helfen aus diesem Dilemma heraus.

E-Commerce-Entwicklung: Die komplexe Ausgangslage

Bei der Beschäftigung mit E-Commerce kommt man heutzutage und zukünftig an einer ganzheitlichen Digitalisierungsstrategie nicht mehr herum. Das bedeutet, der eigene Onlineshop steht nicht mehr am äußeren Rand einer bestehenden Infrastruktur, sondern ist eng in ein kompliziertes Gewebe aus weiteren Systemen integriert. Ob ERP, PIM, CRM oder CMS: Jedes dieser Systeme ist eine Komponente der digitalen Landschaft und hat seine dedizierte Aufgabe und „Verantwortlichkeit“. Redundanzen in der Datenhaltung werden im Idealfall vermieden und die Systeme durch eine moderne, modulare Schnittstellenarchitektur miteinander verbunden.

Nicht selten kommt es vor, dass während der Entwicklung eines Bestandteils im Rahmen einer übergeordneten Digitalisierungsstrategie andere bestehende Teile der Systemlandschaft ausgetauscht oder neue hinzugefügt werden. So sind ganze System- und Prozesslandschaften in ständiger Bewegung, woraus sich hohe Komplexitäten für die Projektplanung ergeben. Diverse Systeme, Systemkomponenten, Schnittstellen und nicht zuletzt der Faktor Mensch – zum Beispiel Stakeholder aus verschiedenen Fachabteilungen mit unterschiedlichem Fokus – beeinflussen das Gesamtbild. Daraus ergeben sich innerhalb der Projektlaufzeit zahlreiche Interaktionen und in Summe eine Dynamik, deren Auswirkungen über einen längeren Zeitraum nicht mehr vorhersehbar sind.

Vom abgeschlossenen Projekt zum lebenden Produkt

Noch vor wenigen Jahren waren die meisten E-Commerce-Projekte mit der klassischen Wasserfall-Projektmanagement-Methode beherrschbar. Das Wasserfallmodell bietet für die Kunden eine transparente Vorgehensweise. Das Projekt wird in einzelne Phasen gegliedert und in zeitlich sinnvolle Abläufe gebracht. Auch eine Parallelisierung einzelner Phasen ist möglich, um die Geschwindigkeit der Projektumsetzung zu steigern. Diese Phasen schließen jeweils mit einem Meilenstein ab und führen zu einem erfolgreichen Projektende.

E-Commerce Projektmanagement Methode Wasserfall Modell Schaubild (Bild: netz98)

Die Schwierigkeit bei der Projektmanagement-Methode ist, dass jede Änderung unmittelbar den Go-Live-Termin beeinflusst. Streng genommen dürften nach der Anforderungserhebung keine Änderungswünsche mehr aufgenommen werden, was allerdings in der Praxis selten funktioniert. Trotzdem wurde früher bei der Entwicklung von Onlineshops die Wasserfall-Methode angewendet. Denn die Systemlandschaften der Unternehmen waren kleiner und überschaubarer. Die Phasen der E-Commerce-Projekte konnten in Konzepte und Milestones gegossen werden, bevor die Entwicklung begann.

Agile Entwicklung: Die moderne Projektmanagement-Methode im E-Commerce

Mittlerweile hat sich das E-Commerce-Projektmanagement deutlich gewandelt. Es ist, wie eingangs erwähnt, oft der Bestandteil einer unternehmensweiten Digitalisierungsstrategie. Die Ausarbeitung kompletter Anforderungsdokumente wird immer aufwendiger und gerät oft zur Sisyphos-Arbeit. Ist beispielsweise die letzte Schnittstelle exakt definiert, haben sich bereits wieder drei andere geändert.

Kurz: Die Zeit der Drei-Jahres-Pläne und eines 500-seitigen Konzepts ist passé! Das Wasserfall-Modell wurde durch die agile Entwicklung (= Agile) abgelöst. An die Stelle eines exakt definierten Projektziels tritt eine flexiblere Vision, die genügend Raum für die Unwägbarkeiten während des Umsetzungszeitraums lässt. Zunehmend gerät dabei das Projekt aus dem Fokus, stattdessen richtet sich der Blick auf ein Produkt. Dass dies zum Launch nicht hundertprozentig fertig ist, sondern weiterentwickelt werden muss, versteht sich nun fast von selbst.

Das sogenannte Agile Manifest nennt unter anderem folgende Werte, welche die Grundsätze für die agile Entwicklung definieren:

  • Individuen und Interaktionen sind wichtiger als Prozesse und Werkzeuge.
  • Funktionierende Software ist wichtiger als eine umfassende Dokumentation.
  • Die Zusammenarbeit mit dem Kunden ist wichtiger als Vertragsverhandlungen.
  • Das Reagieren auf eine Veränderung ist wichtiger als das Befolgen eines Plans.

Stetiger Fortschritt mit sichtbaren Ergebnissen

Einer der wichtigsten Grundpfeiler bei der agilen Entwicklung ist, dass das gesamte Team gemeinsam ein Produkt entwickelt. Nicht die Erfüllung eines Projektplans steht im Vordergrund, sondern die iterative Realisierung einer Produktvision. Die Anforderungen werden beispielsweise über User Stories definiert. Diese helfen dabei, die komplexen Anforderungen an die Systeme und ihre Komponenten auf einfache Weise zu beschreiben. Hierbei versetzt man sich in die Rolle der Personen oder Personengruppen, welche das angestrebte Produkt später nutzen sollen. So entsteht eine Reduktion der Komplexität durch die Perspektive eines Nutzers.

Während beim Wasserfall-Projektmanagement sehr viel Aufwand in eine umfassende Konzeption und Planung gesteckt wird, startet ein agiles Projekt auf Basis wesentlich schlankerer Vorarbeiten: Es werden nicht-funktionale Grundanforderungen (Definition of Done) und erste funktionale Arbeitspakete definiert. Zur Priorisierung der Arbeitspakete stellt man dem jeweiligen Nutzen (Business Value) die Komplexität (Zeitaufwand und Kosten) gegenüber. Durch diese Vorgehensweise startet die Entwicklung mit Features, die schnell und einfach umzusetzen sind und einen hohen Nutzen bringen.

Die weitere Entwicklung erfolgt inkrementell, meist in zweiwöchigen Sprints. Dabei werden jeweils neue Features definiert, geschätzt, priorisiert, entwickelt, getestet und übergeben. Das bedeutet, das Produkt wächst sukzessive. Es kann schnell an sich verändernde Priorisierungen und Gegebenheiten wie den verspäteten Rollout eines neuen ERP-Systems angepasst werden. Bei der inkrementellen Vorgehensweise wird durch Akzeptanz-Tests das Produkt fortlaufend getestet und optimiert. Denn: Jedes Inkrement stellt ein Stück funktionsfähige Software dar!

Agile Entwicklung im Projektgeschäft

Agile Methoden, besonders das seit ein paar Jahren angesagte Scrum, sind in der Produktentwicklung im IT-Bereich groß geworden. Software-Entwickler arbeiten hier über lange Zeiträume in festen Teams und verwirklichen Schritt für Schritt eine immer perfektere Produktvision.

Der Scrum-Master achtet hierbei auf die Einhaltung der Scrum-Regeln und übernimmt eine Coach-Funktion. Der Product Owner plant im ein- oder zweiwöchigen Rhythmus die einzelnen Sprints. Das sind Phasen, in denen das Projekt entwickelt wird und an deren Ende fertige Produktfunktionalitäten stehen.

Der Kunde kann und muss die Themen intensiv priorisieren, die in den kommenden Sprints umgesetzt werden sollen. Dies ermöglicht eine maximale Flexibilität, denn es können jederzeit neue Anforderungen mitberücksichtigt werden. Dabei ist zu beachten, dass der Go-Live oftmals zu einem festgelegten Termin mit einem vorgegebenen Funktionsumfang sichergestellt werden muss.

Die Herausforderungen bei den modernen Projektmanagement-Methoden

Was können sich E-Commerce-Dienstleister und ihre Kunden davon abschauen? Funktioniert diese Vorgehensweise auch im Agenturgeschäft? Grundsätzlich kann man sagen: Ja. Web- und Anwendungsentwicklung sind in vielen Bereichen ähnlich komplex und bedienen sich derselben Architekturmuster sie verschmelzen zunehmend ineinander.

Aber die meisten Unternehmen betrachten die mit der Digitalen Transformation verbundenen Schritte, zum Beispiel die Entwicklung von E-Commerce-Komponenten, nach wie vor als Projekt. Damit verbunden sind die definierten Kenngrößen Zeit, Qualität und Budget. Nur in wenigen Fällen wird ein externes agiles Entwicklerteam für einen längeren Zeitraum allein auf Basis einer Produktvision beauftragt.

Unterschiede E-Commerce Projektmanagement Methode Agile Wasserfall Modell Schaubild (Bild: netz98)

Eine Denkweise wie „Was dabei herauskommt, sehen wir in sechs Monaten“ findet man nur selten vor. Dagegen möchten die meisten Unternehmen wissen, was sie für ihr Geld bekommen. Schließlich wollen Budgets geplant, unternehmensinterne Milestones gehalten und Risiken seitens des Auftraggebers minimiert werden.

Agil trifft auf Wasserfall: Die hybride Herangehensweise

Ein Lösungsweg, um die klassische und moderne Arbeitsweise unter einen Hut zu bringen, liegt in einem hybriden Modell, das zum Beispiel bei netz98 agile zum Einsatz kommt. Das bedeutet, zu Projektbeginn wendet man die Wasserfall-Methode mit einer Requirements-Engineering-Phase an. Gegebenenfalls wird diese um eine Design-Phase und der Gestaltung der User Experience (UX) erweitert. Dann startet die agile Entwicklung.

Der Vorteil einer hybriden Vorgehensweise ist, dass das Projektvolumen und der Budgetrahmen nach der Aufnahme aller Anforderungen grob abschätzbar sind. Auf dieser Basis lässt sich auch eine Produktversion abgrenzen und budgetieren, mit der ein erster Launch denkbar ist: ein MVP (Minimum Viable Product) mit den wichtigsten funktionalen und nicht-funktionalen Grundanforderungen.

Zu den funktionalen Grundanforderungen gehört beispielsweise die Möglichkeit, über das E-Commerce-System Produkte zu verkaufen. Zu den nicht-funktionalen Anforderungen zählen unter anderem die Stabilität und die Performance. Zudem sollte das MVP einen Mehrwert gegenüber dem bestehenden System bieten, der an den strategischen Zielen des Unternehmens ausgerichtet ist.

E-Commerce Projektmanagement Hybrides Modell (Bild: netz98)

Um einem Unternehmen den Einstieg in die agile Denk- und Arbeitsweise zu erleichtern, kann bei dem hybriden Vorgehen ein „agiler Festpreis“ die Brücke schlagen. Dieser ist gerade bei Einkaufsabteilungen, die größtenteils klassisch arbeiten (also mit starren Posten), ein Türöffner. Für den agilen Festpreis wird das MVP auf Basis einer groben Aufwandsschätzung, die auf Erfahrungswerten der Agentur beruhen, budgetiert. Und das, ohne dass ein detailliert ausgearbeitetes Konzept vorliegt. Bei einer guten Kalkulation und einer konstruktiven Zusammenarbeit gleichen sich größere und geringe Aufwände für einzelne Tasks in Summe idealerweise aus.

Aber: Ein enges Tracking und Reporting der geplanten und geleisteten Aufwände ist unerlässlich, um sicherzustellen, dass das MVP „in time“, „in quality“ und „in budget“ erreicht werden kann!

Welche Projektmanagement-Methode ist bei der E-Commerce-Entwicklung besser?

Das klassische Wasserfall-Modell als Projektmanagement-Methode für E-Commerce-Projekte ist überholt. Es ist starr und unflexibel. In Zeiten der Digitalisierung, die mit schnellen Schritten vorangeht, muss jedes Unternehmen schnell auf Veränderungen reagieren können. Damit das gelingt, muss eine agile oder hybride Projektmanagement-Methode gewählt werden. Doch darauf müssen sich alle Beteiligten ganz und gar einlassen.

„Individuen und Interaktionen sind wichtiger als Prozesse und Werkzeuge“, heißt es im Agilen Manifest. Anders ausgedrückt bedeutet das: Für den Erfolg agiler Projekte ist das Teamwork extrem wichtig. Idealerweise besteht dieses Team aus Auftraggeber und Auftragnehmer, die zu einer Einheit verschmelzen. Beide Parteien sitzen gleichberechtigt an einem Tisch, sie müssen sich gegenseitig vertrauen und ziehen an einem Strang. Die klassische Auftraggeber-Auftragnehmer-Hierarchie wird durch diese Partnerschaft abgelöst. Das gesamte Team hat das Bestreben, eine Produktvision und daraus das bestmögliche Produkt zu entwickeln.

 


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Bilder: Freepik, netz98

 

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