„Mit welcher Aufgabe beauftragen Sie meinen Onlineshop?“: Mit dieser einfachen, aber ungewöhnlichen Frage ist es möglich, Kundenbedürfnisse richtig erkennen und beschreiben zu können. Hinter dem Ansatz steckt die Jobs To Be Done-Theorie, mit deren Hilfe User Stories um Kauf-Motive und Umstände erweitert werden können.
Ein Gastbeitrag von Eckhart Böhme
Fokus auf den Kaufprozess, nicht auf den Verkauf
Wenn ein Onlinehändler seinen Absatz steigern möchte, muss er unter anderem seinen Verkaufsprozess verbessern. Um Ideen für die Verbesserungen zu sammeln, wird heutzutage typischerweise versucht die Customer Journey der Kunden zu beschreiben. Die Beschreibung basiert aber meist auf Annahmen, da der wirkliche Weg der Kunden oft nicht richtig nachvollziehbar ist.
Um den Verkaufsprozess zu optimieren, muss der Onlinehändler aber zunächst verstehen, wie die Kundenbedürfnisse aussehen, die zu der in der Realität existierenden Customer Journey führen. Das ist kein leichtes Unterfangen.
Jobs To Be Done: Verstehen, welche Aufgaben die Kunden erledigen wollen
Erst wenn ein Onlinehändler sich eine effektive Art und Weise zunutze macht, um Kundenbedürfnisse zu beschreiben, kann er sinnvoll agieren. Hier hilft der Jobs To Be Done-Ansatz (JTBD). Er basiert auf der Erkenntnis, dass Menschen Aufgaben („Jobs“) erledigen möchten. Diese Aufgaben sind nicht nur funktioneller, sondern auch emotionaler Natur. Um die Jobs zu erledigen, nutzen Kunden Produkte, Dienstleistungen oder eine Marke.
Ein Beispiel: Um neue Schuhe zu kaufen, kann der Kunde entweder in ein Geschäft gehen oder im Browser einen Onlineshop öffnen. Hierbei geht es ihm nicht nur um das Suchen, Finden und Kaufen der neuen Schuhe. Stattdessen hat der Kunde beispielsweise folgende Herausforderungen:
- „Ich möchte bei einem Bewerbungsgespräch einen guten Eindruck hinterlassen, um nicht aufgrund meiner Kleidung aussortiert zu werden.“
- „Ich möchte auf der Party ein Hingucker sein, um mit vielen Leuten ins Gespräch zu kommen.“
Mit Interviews zu Erkenntnissen kommen
JTBD basiert nicht wie andere Vorgehensweisen auf einem Bauchgefühl oder Erfahrungswerten, sondern auf einer qualitativen Analyse. Hierfür werden einem ausgewählten Kreis von Kunden spezielle Fragen gestellt. Mit Hilfe dieser Interviews erhält der Onlinehändler nicht nur einzigartige Erkenntnisse über die reale Customer Journey, sondern auch über die Jobs, welche seine Kunden erledigen möchten.
Die JTBD-Methodik kann von jedem erlernt werden, idealerweise wird sie von einem Produktverantwortlichen angewandt. In den Fragen-und-Antwort-Runden kann ein spezielles Interview-Kartenset zu Hilfe genommen werden, mit Hilfe von Vorlagen wertet der Interviewer die Ergebnisse strukturiert aus.
Ist JTBD so etwas wie die Definition von User Stories?
User Stories und Jobs To Be Done wirken ähnlich, trotzdem gibt es deutliche Unterschiede. Zum Beispiel werden bei der JTBD-Methode anstelle von Personas die Jobs definiert. Bei den Jobs ist es unwichtig, von wem sie ausgeführt werden. Die Job Stories sind somit näher als User Stories an der Praxis, da Annahmen mittels der Kunden-Interviews vermieden werden.
Dementsprechend sehen Users Storys und die Job Storys bei JTBD unterschiedlich aus:
- Bei einer User Story schreibt man: „Als [Rolle] möchte ich [Ziel/Wunsch], damit [Nutzen].
- Bei einer Job Story definiert man: „Wenn [Situation], möchte ich [Motivation], damit [Nutzen].
Fazit
Sind Innovationen Zufallsprodukte? Oder können sie mit Hilfe einer Methode identifiziert und zur Marktreife entwickelt werden? Der seit Jahren propagierte JTBD-Ansatz erfährt eine immer größer werdende Akzeptanz, da er Antworten auf die Fragen gibt. Es lassen sich damit bestehende Geschäftsmodelle optimieren und disruptive Konzepte entwickeln. Deswegen ist die Jobs To Be Done-Methode bei Start-ups und innovationsfreudigen Unternehmen gleichermaßen anwendbar.