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E-Commerce Systeme (Bild: Pixabay)

Entwicklung der E-Commerce Systeme: The Age of Frameworks

Die  E-Commerce Landschaft hat sich in den letzten Jahren stark diversifiziert. Immer neue Angebote und Geschäftsmodelle kamen und kommen hinzu, die mit dem „klassischen“ Warenhandel nur noch wenig zu tun haben. Diese Entwicklung wird sich beschleunigen und den Onlinehandel via Shops zwar nicht verdrängen, aber als vorherrschendes Modell sicher ablösen. Können die aktuell im Markt befindlichen E-Commerce Systeme diese Entwicklung mitgehen?

Shopsoftware: die Vergangenheit

Schauen wir zuerst in die ferne Vergangenheit. Woraus haben sich die heutigen E-Commerce Systeme entwickelt? In der Mitte der 90er-Jahre des letzten Jahrhunderts wurde aus dem Internet der Techniker und Wissenschaftler das Internet, wie wir es heute kennen. 1995 erreichte Amazon.com einen Umsatz von 20.000 US Dollar – bereits zwei Monate nach seiner Gründung. Ein Jahr später verdiente Amazon rund 15,7 Millionen US Dollar. Mit Büchern! Per Post! Der E-Commerce begann seinen Siegeszug und immer mehr Unternehmen boten nicht einfach nur Content und Informationen im Internet an, sondern verkauften reale Produkte auf Webseiten.

Ebenfalls in der Mitte der 1990er-Jahre ging Intershop mit dem ersten voll funktionsfähigen E-Commerce System in Deutschland an den Markt. Mit Hewlett-Packard und dem Otto Versandhaus wurden große strategische Partner gewonnen und mit der vorgestellten Software war es nun möglich, auf Basis einiger Grundfunktionalitäten einen eigenen Online-Shop zu entwickeln. Etwa zur gleichen Zeit entstand auch die Software Net.Commerce, die wir heute als IBM WebSphere Commerce kennen. Ende der 90er folgte Hybris. Zur selben Zeit entstanden weltweit viele PHP basierte E-Commerce-Lösungen, die damals häufig als „Online-Shop“ fertig installierbar und auch häufig als Open Source für jedermann verfügbar war. „The Exchange Project“ aus dem Jahr 2000 gehört zu den bedeutendsten. Ein Entwickler aus Solingen baute damals  eine auf PHP basierte Shopsoftware, die 2001 in OsCommerce umbenannt wurde, heute noch existiert und mittlerweile nach eigenen Angaben über eine Community von mehr als 280.000 Nutzern verfügt.

Jüngere Entwicklung im E-Commerce

Was kam danach? Rund um die Open Source Software Magento, erstellt in PHP und nach modernen Programmierparadigmen auf Basis des Zend Frameworks aufgebaut, brach Anfang 2008 ein wahrer Hype aus: Jeder Entwickler, der sich für den Bereich hochwertiger PHP-Entwicklung interessierte, war magisch angezogen. Das verwendete MVC System (Model, View, Controller) war quasi der neue Standard, den alle einhalten mussten, um die Kriterien als „moderne“ Software erfüllen zu können. In Deutschland entstand mit Oxid eine ähnliche Idee und 2008 wurde die Oxid eShop Community Edition als Open Source Version veröffentlicht. Im gleichen Jahr wurde auch die shopware AG gegründet und die „Standardsoftware“ Shopware veröffentlicht. Seit etwa 2010 gibt es auch hier eine quelloffene und kostenlose Version.

Status Quo Ante

Schaut man heute auf den Markt, stellt man eine Evolution der E-Commerce-Software fest. Einige Dinosaurier haben den Wandel bei modernen Softwareentwicklungsparadigmen nicht verkraftet und sind inzwischen ausgestorben oder verschwinden vom Markt: Auf OsCommerce setzt heute kaum noch jemand, und auch bei den ganz großen Lösungen wie IBM Websphere waren Änderungen der Software und der Architektur nötig, die zu neuen Namen und ganz anderen Strategien führten.

Mit Magento, Shopware und Oxid hat sich eine neue Generation von E-Commerce-Systemen etabliert. Der Online-Shop ist nicht mehr eine einfache Ausprägung des ERP-Systems nach außen, sondern eine eigenständige Einheit, die an verschiedene andere Systeme – von PIM über das Ordermanagement und ERP bis hin zum CRM – angebunden ist. Die Software wird als Standard-Software wahrgenommen und oft auch so eingesetzt. Die Weiterentwicklung bzw. Erweiterung erfolgt bei diesen modernen Systemen sehr unkompliziert und flexibel über Features. Dies läuft allerdings häufig auf ein Wettrennen der Anbieter hinaus, wer out-of-the-box über die meisten Features verfügt, die sich als vermeintliche E-Commerce-Standards durchgesetzt haben.

E-Commerce Systeme 2016

Wir haben also aktuell eine Vielzahl von Systemen zur Auswahl, die sich als Standardsoftware für die üblichen aktuellen Anforderungen im E-Commerce hervorragend eignen und auch eine hohe Flexibilität erlauben. Aber wie schon 2008 verlangt der Markt und der aktuelle Stand der Softwareentwicklung ein weiteres Mal ein Umdenken. Einige Vorgehensmodelle in der Entwicklung, die aktuell vielleicht noch als „Bleeding-Edge“ angesehen sind, werden sich als Standard etablieren. Hier müssen die E-Commerce-Systeme der Zukunft nicht nur mithalten können, sie müssen diese Vorgehensmodelle auch direkt unterstützen. Diskutiert man über Systeme wie Shopware, Oxid, Magento 1 und Hybris, so geht die Argumentation schnell in Richtung des vorhandenen Feature-Stacks und der Möglichkeit, vermeintlich einfach und günstig weitere Features in das System „hinzu zu klicken“. Doch handelt es sich dabei faktisch nicht um ein zukunftsfähiges Plug&Play für Module, und es wird auch dem Anspruch eines agilen Systems im Sinne der modernen Vorgehensmodelle nicht mehr gerecht.

Träge Saurier oder agile Säugetiere?

Nach dem chinesischen Horoskop sind wir 2016 im Jahr des Affen. Wer sich davon beeindrucken lässt, kann mit sehr innovativen, progressiven Entwicklungen in diesem Jahr rechnen. Der E-Commerce war allerdings wie immer auch hier schneller.

  • Mit Magento 2 ist bereits im vergangenen Jahr ein äußerst modulares Shopsystem auf den Markt gekommen, dass sich tatsächlich ohne Weiteres als agiles Framework nutzen lässt. Die neue mehrschichtige Architektur von Magento 2 erlaubt mit dem Service Layer und neuen Designmustern wie Dependency Injection ein sehr flexibles Vorgehen in der Weiterentwicklung. Die Entwickler werden unabhängiger in ihren Entscheidungen und somit auch schneller. Denn neue Funktionalitäten und Änderungen lassen sich umsetzen, ohne dabei bestehende Module oder das Basis-System zu beeinträchtigen. Der Grund für diese Entscheidung war ganz klar die Anforderung des Marktes: In Zukunft muss die Software schnelle Änderungen in alle Richtungen unterstützen. Ein agiles Vorgehen, heute eher noch als Option für fortgeschrittene Marktteilnehmer betrachtet, wird zum Industriestandard werden und hier setzen E-Commerce-Systeme an, die sich eher als Framework verstehen denn als Lieferant einer anpassbaren Standard-Software.
  • Die E-Commerce Software Spryker geht hier als Framework noch einen Schritt weiter als Magento 2. Spyker trennt sich architektonisch in vier verschiedene Layer auf, die jedoch dem Aufbau von Magento 2 noch recht ähnlich sind. Einer der bedeutendsten Unterschiede zwischen den beiden Systemen liegt in der klaren Trennung von Frontend-Darstellungen und Backend-Operationen beim Spryker System, wodurch eine sehr freie Skalierung ermöglicht wird. Spryker nutzt hierfür sogar zwei unterschiedliche Applikationen, Yves und Zed. Des Weiteren setzt Spryker eine microserviceartige Struktur in der alle Module/Bundles (Preis, Stock, Produkt, CMS, Discount…) mit den geringstmöglichen Abhängigkeiten voneinander entkoppelt sind. Kernvorteil ist somit im Unterschied zu anderen Systemen, dass man von Anfang an nur die Module verwenden muss, die man wirklich benötigt. Ebenso wird jedes Modul einzeln versioniert, die Upgradezyklen verkürzen sich, da nun ein Continous Development Ansatz möglich ist.

Mobile – Strategien

Eine Frage, die heute häufig noch recht eindimensional unter Mobile-Strategien diskutiert wird, ist die Frage nach der Verbindung eines Shops mit verschiedenen Devices und Kanälen. Ein System, das mehr als Framework denn als Software-Monolith funktioniert, ist eher in der Lage, verschiedene Ausgabe- und Eingabekanäle individuell abzubilden. Das sind dann nicht nur die mobilen Shops, sondern auch die Anwendungen, die man den Außendienstmitarbeitern zur Verfügung stellt oder spezialisierte Assisted Shopping Oberflächen für das Inbound-Geschäft, unterschiedlichste POS-Integrationen inklusive Kassenanwendungen, Direct Shopping Integrationen in alle möglichen Frontends oder Self-Service-Stationen, über die Kunden alle möglichen Dienstleistungen rund um die Produkte maßgeschneidert konsumieren können. Die Zukunft gehört sicher unterschiedlichsten Formen von digitalen Transaktionsprozessen die mehr oder minder simultan ablaufen werden. Selbst ob der Shop die zentrale Instanz im E-Commerce bleibt, ist da eher fraglich.

Welches Shopsoftware-Modell wird also das Rennen machen? Es kommt, wie so oft, auf die Anforderungen an, für wen das System gedacht ist und für welches Business-Modell. Bei netz98 ist man überzeugt, dass die E-Commerce Zukunft mittelfristig den Frameworks gehört. Auch wenn den klassischen Shops noch einer langer Lebensabend vergönnt sein wird. Wer aber in Zukunft ein erfolgreiches E-Commerce betreiben will, kann dies nur durch schnelle und agile Entwicklungszyklen realisieren.

Bild: Pixabay

 

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Hartwig Göttlicher
Hartwig Göttlicher
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