Was bedeuten Augmented, Virtual und Mixed Reality genau? Wie werden die Technologien bereits im Handel eingesetzt? Die Antworten darauf gaben wir im ersten und zweiten Teil unserer mehrteiligen AR-/VR-/MR-Serie. In diesem Part gehen wir auf die Prognosen und Chancen ein.
Zurück in die Zukunft
Virtual Reality ist eigentlich kein neues Thema. Bereits in den 1990er-Jahren gab es die erste Hardware für den Massenmarkt – zumindest wurde dieser angepeilt. Doch die Helme (keine Brillen!) fielen schwer aus, die Auflösung der Displays war gering und die begrenzte Rechenkraft der Computer sorgte für ruckelige Bilder. Nach einem ersten kurzen Hype verschwand VR für rund 20 Jahre wieder in der Versenkung.
Nun gibt es dank moderner Entwicklungen wie Playstation VR, Oculus Go und HTC Vive ein erneutes Interesse an dem Thema Virtual Reality. Doch dieses Interesse ist Faszination und Dilemma zugleich. Die erste Begeisterung führte zu schnell zu einer Ernüchterung. Bereits kurz nach dem großen VR-Auftakt im Sommer 2016 machten sich skeptische Stimmen breit: Virtual Reality sei nur eine Spielerei für Gamer. Denn wer wäre dauerhaft motiviert, mit einer Brille auf dem Kopf durch nicht reale Läden zu schlendern?
Positive Prognosen
Trotz dieser Unkenrufe gibt es bereits einige positive Beispiele, wenn es darum geht, VR nicht nur für Computer- und Videospiele zu nutzen. Deswegen fallen die Prognosen durchaus positiv aus. Der deutsche IT-Verband Bitkom geht in einer Studie davon aus, dass im Jahr 2020 alleine in Deutschland rund eine Milliarde Euro mit dem Thema Virtual Reality umgesetzt wird.
Auch international könnten VR und AR richtig Fahrt aufnehmen: Die Marktanalysten von IDC (International Data Corporation) denken, dass 2020 weltweit rund 136 Milliarden Euro mit den virtuellen Welten umgesetzt werden. Die positiven Aussichten kommen unter anderem deswegen zustanden, da zahlreiche namhafte Unternehmen wie Sony, Microsoft, Samsung, Facebook und Apple an neuen AR- und VR-Lösungen arbeiten.
Wie groß ist das Potential?
In einer aktuellen Studie von Invidis heißt es, dass zirka 60% der Deutschen noch keine Erfahrung mit Augmented Reality besäßen. Rund 70 Prozent der von Invidis befragten Teilnehmer können sich aber vorstellen, AR und VR für ihre Shoppingaktivitäten zu verwenden – direkt von zu Hause aus. Hier liegt das Potential für die kommenden Jahre: Sobald die Verbreitung der Technologien steigt, wird das Einkaufen in virtuellen Realitäten an Bedeutung gewinnen.
Doch auch der stationäre Handel schläft nicht und möchte die Technologien für seine Zwecke nutzen – zur Verkaufsförderung, für das Marketing und für Alleinstellungsmerkmale, um sich von Mitbewerbern abzuheben. Inbegriffen sind 360-Grad-Medien wie Videos, die aber auch perspektivisch wohl eine Randerscheinung bleiben.
Shopping in digitalen Kaufhäusern, in denen wir uns frei bewegen, klingt unverändert nach Zukunftsmusik. Und dabei bleibt es, wenn die Hardware für Virtual Reality und Mixed Reality nicht zum Massenmarkt durchdringt und damit in jedem Land Millionen Menschen erreicht. Eine derartige Verbreitung sehen wir auch für die kommenden Jahre nicht.
Software sells Hardware – Um den Massenmarkt zu erreichen, gilt wie jeher die Devise. Hier hat Augmented Reality einen deutlichen Vorteil: Bei den Smartphone- und Browser-basierten AR-Anwendungen ist der Einstieg leichter als bei MR oder VR, eine Kombination mit aufstrebenden Trends wie Künstlicher Intelligenz (KI) oder Sprachassistenten ist vorstellbar. AR schafft klare Vorzüge, wirkt anschaulich und selbsterklärend – das ist gerade für technisch weniger versierte Zielgruppen wichtig.
E-Commerce bereichert den stationären Handel
Im Rahmen der Digitalisierung verschwimmen die Grenzen zwischen stationärem und digitalem Handel, die virtuellen Welten könnten hierzu beitragen. Dadurch entstehen ganz neue Möglichkeiten. Zum Beispiel muss ein Einzelhändler nicht mehr alle Produkte auf Lager haben, um seinen Kunden die Vielfältigkeit des Sortiments zu zeigen. Gerade durch Augmented Reality wird der klassische Handel erweitert – ein Ladengeschäft kann sich so zum perfekten Showroom verwandeln.
Wir erwarten zudem eine Zunahme an Service-Anwendungen, die gerade den Onlinehandel stärken könnten. Wenn Smartphone-Besitzer vor dem potentiellen Kauf AR-Anwendungen wie Raumplaner oder digitale Maßbänder nutzen, werden Hemmschwellen abgebaut. So vereinfacht sich der Erwerb von Produkten, für die Kunden bislang den stationären Handel gewählt hätte.
Ob sich auch Virtual Reality quasi als Shopping-Assistent 2.0 durchsetzt, kommt auf die zukünftigen Entwicklungen an. „Wir sehen großes Potenzial in Virtual Reality und sind fest davon überzeugt, dass es die Art, wie wir Dinge erleben und auch, wie wir Produkte einkaufen, deutlich verändern wird“, sagt Martin Wild, Digitalchef der Media Markt Saturn Retail Group. Das VR-Erlebnis im stationären Handel könnte ein wichtiger Touchpoint sein, der dafür sorgt, dass die Kunden nicht nur in den Läden, sondern auch in den jeweiligen Onlineshops einkaufen möchten.
In welche Richtung entwickelt sich die Technik?
Für Unternehmen, die ihren Fokus auf VR-Brillen gesetzt haben, ist das größte Ziel, leichte, bequeme und schnurlose Lösungen zu schaffen – möglichst so, dass externe Computer nicht mehr benötigt werden. Doch bis das Eintauchen in die Virtual Reality unkompliziert, kabelfrei, hochauflösend und vollends überzeugend ausfällt, dürften noch einige Jahre ins Land ziehen.
Ohnehin ist die Frage, ob wir Menschen künftig Standalone-Brillen wie Oculus Go nutzen wollen und werden. Die Preise sinken, die VR-Erlebnisse werden ansehnlicher, aber wir schotten uns von unserem Umfeld ab. Das ist für Entertainment-Inhalte gewünscht und förderlich für den Spaß – doch wird eine VR-Anwendung wirklich die Nutzer dazu animieren, etwas einzukaufen?
Ganz anders dürfte sich der B2B-Sektor entwickeln: Dank steigender Leistung und Qualität der VR- und MR-Brillen können komplexe Produkte und Mechanismen besser visualisiert werden. Wenn Geschäftskunden so schneller verstehen, was sie benötigen und was nicht, wirkt sich das positiv auf ihr Einkaufsverhalten aus.
Augmented, Mixed und Virtual Reality werden sich weiterentwickeln und sicherlich noch ganz neue, ungeahnte Perspektiven öffnen. Deswegen versteifen sich manche Unternehmen nicht nur auf eine Technologie. Zum Beispiel Facebook: Obwohl der Social-Media-Gigant mit der Oculus-Technologie ein sehr interessantes VR-System in petto hat, experimentiert die US-Company auch mit AR.
Fazit: Die Zukunft ist näher, als wir denken!
Zu glauben, Augmented, Mixed und Virtual Reality seien nur vorüberziehende Hypes, ist falsch. Denn so versäumt man Chancen, sich von seinen Mitbewerbern abzuheben und eigene, zeitgemäße Wege bei der Kundenansprache zu finden sowie neue Zielgruppen und Märkte aufzuspüren. Augmented Reality scheint gerade die Nase vorn zu haben, doch perspektivisch haben auch Mixed und Virtual Reality weiterhin gute Chancen, im (Online-)Handel eingesetzt zu werden.
Ob sich Unternehmen am Ende für AR, MR oder VR entscheiden, ist nicht eine Frage des Hypes oder eines Trends. Die Entscheidung sollte durch eine grundlegende Frage bestimmt sein: Was ist der Use Case? Daraus lässt sich am besten ableiten, welche Technologie am zielführendsten ist.
Alle Artikel der Reihe „Virtual, Augmented & Mixed Reality“ in der Übersicht:
Teil 1 : Zukunftsweisende Technik-Trends für den E-Commerce?
Teil 2: Best Practices
Teil 3: Lohnt sich der Einstieg?
Bilder: Freepik, Statista, Saturn, Microsoft