„Alexa, bitte bestell‘ Kaffee nach!“ – Dieser Satz ist in einigen deutschen Haushalten Normalität. Lässt sich dies auf die alltägliche Unternehmenskommunikation, beispielsweise bei Material-Nachbestellungen übertragen? Bisher nicht. Automatische Bestellsysteme hatten für eine kurze Zeit mal einen Aufschwung, der sich auf einen eher kleinen Endkundenbereich beschränkte. Aber warum eigentlich?
Ein Trend, viele Buzzwörter
Der Überbegriff Automatische Bestellsysteme war über viele Jahre Dauergast in den jährlichen Trend-Prognosen im E-Commerce. Dabei hatte dieses Feld viele Gesichter und Namen: Voice Commerce, Dash Buttons oder nicht zuletzt IoT (Internet of Things). Vor allem das letztgenannte „Internet der Dinge“ wurde nahezu unentwegt als eine der Säulen des zukünftigen Internets bezeichnet, bis es dann (gefühlt) endgültig in der Versenkung verschwand. Und damit teilt es sich mit beiden anderen Ausprägungen das gleiche Schicksal – zumindest in der allgemeinen Wahrnehmung. Ob dies auch der Realität entspricht, zeigt eine genauere Betrachtung. Dieser Vergleich ist außerdem interessant, da alle genannten Methoden unter dem Begriff Automatische Bestellsysteme laufen, aber jeweils völlig unterschiedliche Herangehensweisen haben.
Voice Commerce
Die logische Weiterentwicklung von Sprachassistenten wie Alexa (Amazon), Siri (Apple) oder die aktuelle Sprachassistent-Generation von Google wird unter dem Begriff Voice Commerce eingeordnet. Gemeint ist damit die Bestellung von Produkten per Sprachbefehl – in diesem Fall ausgeweitet auf ein Business-Umfeld. Beispielweise im Warenlager, wenn ein Mitarbeiter bei der Inventur feststellt, dass bestimmte Materialien nachbestellt werden müssen. Dies geschieht dann einfach per Sprachbefehl, ohne Umwege über ein Logistik-Tool oder Eingaben in einem Tablet oder Computer. Der Gedanke ist simpel und einige Unternehmen haben Sprachassistenten bereits im Einsatz. So richtig durchgesetzt hat sich diese Technologie aber bisher nicht.
Das könnte vor allem daran liegen, dass der Voice Commerce selbst im privaten Endkundenbereich – zuvorderst in Deutschland – immer noch nicht richtig gezündet hat. Laut einer aktuellen Studie von Beyto benutzen mit etwa 55% über die Hälfte der Deutschen gelegentlich einen Sprachdienst. Dies geschieht dann aber vornehmlich über das Smartphone, denn gleichzeitig stagnieren auch das Interesse an und somit die Verkäufe von Smart Speakern. Dazu kommt, dass sich die Nutzung hauptsächlich auf ziemlich gewöhnliche Themen wie zum Beispiel die Frage nach dem Wetter beschränkt. Auch dies wird von der Studie mit der entsprechenden Zahl untermauert: Über 60% der Befragten geben an, nicht per Stimmbefehl einkaufen zu wollen.
Die Gründe dafür sind vielseitig, aber die größten Bedenken liegen – wie so oft in Deutschland – beim Thema Datenschutz. Ähnliche Besorgnisse ruft das Thema Informationen hervor: Die Recherche zu einem Produkt gestaltet sich im Gegensatz zum Produktvergleich am Bildschirm eher rudimentär. Auch schwingt eine große Unsicherheit mit, ob der Sprachassistent die Befehle richtig interpretiert und nicht etwa die falschen Waren ordert.
Unter diesen Umständen gestaltet sich die Etablierung von Voice Commerce im Unternehmensumfeld mehr als schwierig. Außerdem kommt hier noch erschwerend hinzu, dass viele Unternehmen sehr wenig Bereitschaft zeigen, ihre Prozesse entsprechend für optimalen Voice Commerce anzupassen.
Dash Buttons
Einer der vielen Vorstöße des Marktplatz-Hirsches Amazon. Mit dem Ziel, den Aufwand von sich wiederholenden Einkäufen (beispielsweise Verbrauchsgegenstände wie Rasierklingen) maximal zu minimieren, führte der US-Konzern im Jahr 2015 die Dash Buttons ein. Diese gab es zunächst in physischer Form als kleines, aufklebbares Plastik-Tool, in späteren Ausführungen auch rein digital. Die Grundidee hierzu war eigentlich solide: Einmal im häuslichen WLAN-Netzwerk eingerichtet und mit dem Amazon-Konto verbunden, musste der Endkunde nicht mehr tun als den Knopf zu drücken, um eine neue Fuhre an Feuchttüchern oder Kondomen geschickt zu bekommen.
Trotzdem haben diese kleinen Dinger von Anfang an die Gemüter gespaltet. Zum einen, weil die Rahmenbedingungen (Preis und Verfügbarkeit) für die Verbraucher nie richtig ersichtlich waren, zum anderen sind natürlich auch hier die Sorgenfalten bezüglich des Datenschutzes sehr tief geworden. Deshalb hagelte es Kritik bezüglich einer zu großen Amazon-Abhängigkeit der Verbraucher, dementsprechendem Markt-Monopolismus und der fehlenden Transparenz. Denn Amazon behielt sich das Recht vor, die Preise für die mit den Buttons verknüpften Produkte einfach zu erhöhen oder gar bei mangelhaftem Warenbestand ein anderes Produkt zu schicken.
Dieser doch sehr fragwürdige Umgang mit der Nutzungseinwilligung der Kunden brachte dem Konzern dann auch die ersten ernsthaften juristischen Probleme ein, die schließlich zur Einstellung dieser Produktlinie führten. Damit wurde eine eigentlich sehr innovative Idee vom Markt genommen, die sich in abgewandelter Form ausgezeichnet für Business-Belange hätte nutzen lassen. In Verbindung mit der Logistiklogik eines Shopsystems und/oder dem entsprechenden ERP-System, würde das Kommunikationswege und Prozesse innerhalb eines Warenlagers erheblich beschleunigen.
Leider ist der Ruf dieser Idee allein durch die rechtskräftigen Urteile gegen die ursprünglichen Dash Buttons ruiniert. Aus diesem Grund wird sich so schnell auch kein Drittanbieter daran wagen, generalisierte, individuell einstellbare Buttons – beispielsweise für B2B-Unternehmen – zu entwickeln. Auch wenn dieses System bereits mit dem nächsten Begriff im Bunde in Verbindung gebracht wurde: IoT.
Internet of Things
IoT – oder auf Deutsch: Internet der Dinge – ist der wohl etablierteste Vertreter der angeblich gescheiterten automatischen Bestellsysteme. Dabei lässt sich IoT nochmals in verschiedene Unterarten aufteilen, die alle auf unterschiedliche Weise dem Denkansatz von Internet of Things entsprechen. Bricht man IoT auf eine Eigenschaft generalisiert herunter, lässt sich sagen: Es geht um mit dem Internet verbundene Maschinen oder Geräte, die selbst erkennen, wann das Herstellungsmaterial knapp wird und dann ebenso selbstständig neues nachbestellen. Das klassische Beispiel hierfür ist der Drucker, der ab einem bestimmten Tintenbestand automatisch neue Toner bestellt.
Dies ließe sich theoretisch auf so gut wie jede industrielle wie private Maschine ausweiten – aber eben nur theoretisch. Denn auch dieses Konzept ist immer noch nicht so richtig bei allen Unternehmen angekommen, selbst wenn laut einer Studie von TÜV Süd in 2020 durchaus eine Besserung der Lage zu erkennen war. Aber hier wird die Steigerung der Relevanz (56% der Unternehmen schätzen IoT als wichtig ein) ebenfalls nur als sehr langsam eingestuft.
Mittlerweile haben etwa die Hälfte der Unternehmen entsprechende IoT-Projekte umgesetzt, das ist aber keine wirkliche Steigerung im Gegensatz zu den 49% im Jahr 2019. Wie bei den beiden zuvor genannten Varianten spielt beim Thema IoT zum einen die Skepsis gegenüber dieser Technologie eine übergeordnete Rolle. Zum anderen ist die mangelnde Bereitschaft, eine entsprechende technologische Basis für die Umsetzung zu schaffen, ein Faktor. Dazu kommen die schon als „klassisch“ einzustufenden Bedenken zu Sicherheit und Datenschutz.
Zwischen Widerspruch und ungenutzten Potentialen
Alles in allem stehen automatische Bestellsysteme also generell nicht gut da. Jedoch ist ebenso interessant, dass alle drei genannten Varianten – so unterschiedlich sie auch sind – an den gleichen Bedenken zu scheitern drohen: Datenschutz, Sicherheit und Umsetzungsbereitschaft. Der Fokus der Unternehmen liegt hier ganz klar auf anderen Faktoren und Technologien, die „greifbarer“ wirken und schon öfter erprobt wurden, wie zum Beispiel eine eigene E-Commerce-Plattform und Direktvertrieb an Endkunden.
Aber vielleicht liegt der mangelnde Erfolg von automatischen Bestellsystemen wiederum ein bisschen an der oft erwähnten Verbohrtheit von B2B-Unternehmen. Diese These untermauert auch eine Statistik der IfH Köln:
Bei der Frage, welche Vertriebskanäle die Unternehmen für die nächsten 5 Jahre am relevantesten halten, landen automatische Bestellsysteme irgendwo im Mittelfeld. Damit rangieren sie sogar noch deutlich hinter Vertriebswegen, die eigentlich schon längst ausgestorben sein müssten, beispielsweise schriftliche Bestellungen oder Außendienst.
Diese Haltung verdeutlicht, dass der E-Commerce im B2B generell noch einen weiten Weg vor sich hat. Denn genauer betrachtet, offenbaren sich große Widersprüche: Einerseits sind da die Ängste vor neuen Technologien und die mangelnde Bereitschaft sich heranzutrauen, andererseits haben viele Unternehmen gemerkt, dass es ohne eine moderne E-Commerce-Plattform nicht länger funktioniert.
Und das ist der Knackpunkt: Mit einem modernen Onlineshop steigen auch die Möglichkeiten und Kompatibilitäten, um neue Technologien einsetzen zu können – Automatische Bestellsysteme eingeschlossen. Gerade Zulieferer, wie zum Beispiel jene in der Baubranche, würden von automatisierten Bestellungen ungemein profitieren, da vor allem Support, Abwicklung und Buchhaltung durch die automatischen Prozesse erheblich an Zeit und auch Geld einsparen könnten.
Bei der Umsetzung bringen schon kleine Schritte den Prozess entscheidend voran. Beispielsweise verwendet unser Kunde QSL eine Vorstufe von automatisierten Bestellungen: Basierend auf den Daten vorheriger Bestellungen werden per KI Bestellvorschläge gemacht, die direkt vom Nutzer übernommen werden können. Dieses Beispiel zeigt, dass automatische Bestellsysteme noch nicht ganz weg vom Fenster sind. Vielleicht würde es auch helfen, die verschiedenen Varianten nicht ständig zu Trends zu erklären, damit sie sich in Ruhe entwickeln können.
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