Den 25. Mai 2018 hatten sich viele Menschen rot im Kalender markiert: An diesem Tag trat die neue Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) in Kraft, die für große und kleine Unternehmen, Händler und Dienstleister viel Arbeit bedeutete. Folgen jetzt die Abmahnungen für falsch umgesetzte oder unterlassene Maßnahmen?
Ein Gastbeitrag von Tina Plewinski, Onlinehändler-News.de
Erste Abmahnungen wurden versandt
Die zahlreichen Änderungen, die mit Blick auf Informations- und Auskunftspflichten, Datenverarbeitung, den Umgang mit Webanalyse-Tools oder auch Datenpannen vorgenommen werden mussten, waren zum Teil sehr komplex. Bei vielen Firmen schwang auch immer die mehr oder weniger latente Angst mit, dass sich missbräuchliche Abmahner nach Inkrafttreten der DSGVO auf etwaige Fehler stürzen könnten und somit teure Abmahnungen drohen.
Neben hilfreichen Tipps, umfassenden Erläuterungen und Handlungsanweisungen, die Händlern bei der Vorbereitung helfen sollten, gab es im Vorfeld jedoch auch weniger förderliche Inhalte: Verschiedene Kritiker heizten durch Schwarzmalerei die Verunsicherung unter den Firmen noch weiter an. Und obwohl sich diese Befürchtung als nicht ganz realitätsfern erwiesen hat und bereits wenige Tage nach dem Stichtag die ersten Abmahnungen bei Unternehmen ins Haus flatterten, blieb die große heraufbeschworene Abmahnwelle bislang aus.
Bei den bisher verschickten Abmahnungen, die im Kontext der DSGVO versandt wurden, handelt es sich um Einzelfälle, die sich im Großen und Ganzen auch nicht auf Verstöße gegen einzelne Vorgaben der Datenschutzgrundverordnung beziehen. Vielmehr sind dem Händlerbund zum Beispiel Abmahnungen bekannt, die das vollständige Fehlen der Datenschutzerklärungen in Onlineshops oder auf Websites anprangern.
Auch mögliche Bußgelder sorgen für Unsicherheiten
Bereits viele Monate vor Inkrafttreten der neuen Datenschutzgrundverordnung sorgten Nachrichten über teils horrende Bußgelder für Schlagzeilen. Die Rede war dabei nicht nur von Kosten in drei- oder vierstelliger Höhe – auch Millionenbeträge wurden bei Verstößen angeführt. Für kleine und mittelständische Unternehmen also ein Albtraum, der existenzbedrohend wäre.
Obwohl Abmahnungen fast immer mit unschönen Kosten verbunden sind, setzen die Behörden in Deutschland solche Bußgelder nur als Ultima Ratio ein, also als letztes mögliches Mittel. Welche Bußgelder in welcher Höhe künftig in der Praxis auftauchen und gängig werden, bleibt abzuwarten. Auch mit Blick auf andere Länder wird das Thema spannend bleiben, denn es gibt durchaus deutliche Unterschiede zwischen den Staaten der EU, die im Rahmen einer europaweiten Regulierung über kurz oder lang auch angeglichen werden müssen.
Ist das Abmahnrisiko durch die DSGVO gestiegen?
Natürlich hat die DSGVO komplexe und nicht ganz einfach umzusetzende Vorgaben im Gepäck und es sind neue, potenzielle Abmahngründe entstanden. Doch grundsätzlich muss im Rahmen des Themas auch darauf hingewiesen werden, dass in Deutschland die entsprechenden Standards zum Datenschutz schon vor Inkrafttreten der Datenschutzgrundverordnung vergleichsweise sehr hoch waren – man betrachte nur die strengen Regeln zum gewerblichen Newsletter-Versand, die seit Jahren gelten.
Fazit
Das Abmahnrisiko ist aus den genannten Gründen als ebenso hoch einzustufen, wie vor der DSGVO. Begründet ist dies auch in dem Fakt, dass in Deutschland Wettbewerbsverstöße – und eben nicht Datenschutzaspekte – den häufigsten Abmahngrund bilden.
Hinzu kommt ein weiterer Gesichtspunkt: Es ist in der Online-Branche noch immer umstritten, ob Datenschutzverstöße überhaupt in den juristischen Teilbereich des Wettbewerbsrechts fallen und demzufolge überhaupt von konkurrierenden Unternehmen abgemahnt werden können. In den kommenden Monaten werden sich die Gerichte gewiss zu diesem Thema positionieren müssen.
Den Schwarzmalern wurde also in den vergangenen Wochen nicht umsonst der Wind aus den Segeln genommen. Und auch die Politik hat grundsätzlich angekündigt, gegen eine potenziell drohende Abmahnwelle vorgehen zu wollen.
Foto: Freepik