Die schiere Anzahl an Fach- und Buzzwörtern in der Projektentwicklung kann für Unternehmen, die neu im E-Commerce sind, eine erschlagende Wirkung haben. Besonders kompliziert wird es, wenn es um erste kleine Kick-Off-Projekte geht und vor Abkürzungen wie MVP, PoC oder auch schlicht der Prototyp im Raum stehen. Was bedeuten diese Begriffe und wo liegt der Unterschied?
MVP – Beliebter Ansatz für den Einstieg in den E-Commerce
Eine der beliebtesten Projekt-Varianten und auch immer häufiger bei bereits im E-Commerce etablierten Unternehmen gefragt: Das MVP, ausgeschrieben Minimum Viable Product. Zu Deutsch bedeutet das in etwa „minimal funktionsfähiges Produkt“ oder auch „kleinstmögliches Produkt“.
Was genau heißt das?
Im Grunde ist ein MVP nicht anderes, als die maximal abgespeckte Version eines Produktes (in diesem Fall ein Onlineshop oder ein Feature desselbigen), das aber im Gegensatz zu einer Demo auch wirklich zum Einsatz kommt. Das kann ein Onlineshop sein, der nur für ein Land und für wenige Produkte freigeschaltet ist oder nur ein einzelnes Feature, wie zum Beispiel ein neu aufgesetztes Checkout-Modul. Im Regelfall wird ein Minimum Viable Product nach der Build-Measure-Learn-Methode aufgebaut. Einfach gesagt bedeutet das, ein Produkt wird genau nach einer Annahme, zum Beispiel „der Kunde will mehrere Bezahlmethoden“ konzipiert und entwickelt. Das erste MVP erfüllt dann demensprechend nur genau diese Funktion.
Wozu wird ein MVP verwendet?
Wie bereits erwähnt, erfreut sich das Konzept des MVP in der Projektentwicklung immer größerer Beliebtheit. Denn zum einen eignet es sich bestens dazu, neue Funktionen eines Onlineshops im Livebetrieb mit echten Kunden zu testen – zum anderen dient es als Einstiegsprodukt mit weniger Budget und zum Sammeln von Erfahrung, um später dann in die Entwicklung des größeren, kompletten Projekts einzusteigen. Außerdem ist so eine extrem schneller Time-to-Market mit ersten Ergebnissen der Projektentwicklung möglich. Deshalb ist das MVP auch eine gern benutzte Methode, in der sich zukünftige Shopbetreiber und Shopsoftware-Dienstleister „beschnuppern“ können.
Der Prototyp – nicht zu verwechseln mit MVP
Basierend auf der Definition zu MVP entsteht der Eindruck, dass ein Prototyp das gleiche ist, nur mit einer anderen Begrifflichkeit. Diese Annahme ist aber falsch, denn es gibt viele Unterschiede zum MVP. Der größte ist wohl die Tatsache, dass ein Prototyp nicht live zum Einsatz kommt und vollends zu internen Testzwecken dient. Allerdings kann sich aus einem Prototyp durchaus ein MVP entwickeln.
Welche Einsatzwecke gibt es?
In der Softwareentwicklung werden Prototypen häufig dazu verwendet, um Fehlerquellen auszumachen, beispielsweise wenn mehrere Technologien miteinander verknüpft werden. Des Weiteren sind bei einem Prototyp die angewandten Ideen häufig noch nicht ausgereift und deshalb sehr fehleranfällig.
Im Frontend-Bereich, zum Beispiel beim Thema UI (User Interface) kommen Prototypen auch sehr häufig zum Einsatz. Gerade bei der Entwicklung von responsiven Webshops ist es wichtig zu testen, ob die Darstellung auf allen webfähigen Endgeräten korrekt funktioniert – sei es auf dem Desktop-PC, Smartphone oder Tablet. Mit der Entwicklung eines Prototyps lassen sich eventuelle Hürden und Fehlerquellen sofort identifizieren.
Besonders für E-Commerce-Dienstleister ist der Prototyp ein populäres Mittel, um neue Anforderungen und Ideen des Kunden (in diesem Fall der Shopbetreiber) sowie eigens konzipierte Ansätze auf Stichhaltigkeit zu überprüfen.
PoC – Kein Projektstart ohne Prüfung der Sinnhaftigkeit
Das PoC (Proof of Concept) ist – wie der englische Titel schon vermuten lässt – das Prüfen einer Idee oder eines Konzepts auf Durchführbarkeit. Die Ergebnisse einer solchen Machbarkeitsstudie entscheiden maßgeblich über den Start eines Projekts und auch ob das Gesamtprojekt überhaupt erfolgreich sein kann.
Wann kommt das Proof of Concept zum Einsatz?
Ein PoC findet in und vor jedem E-Commerce-Projekt statt – ohne das kann keine vernünftige Projektstrategie aufgesetzt werden und das Risiko eines Misserfolgs ist enorm hoch. Dabei müssen beide Seiten – Shopbetreiber und Entwicklungs-Dienstleister – ein Proof of Concept durchführen. Auf Shopbetreiber-Seite gilt es herauszufinden, ob Budget oder die Entwicklungsdauer eventuell ein gesetztes Limit überschreiten und ob es irgendwelche technologischen Hürden gibt. Zum Beispiel die Anbindung des neuen Shopsystems an die bestehende IT-Landschaft.
Letzteres ist auch eine der vielen Aufgaben des beauftragten E-Commerce-Dienstleisters. Die Agentur, die mit der Entwicklung des Onlineshops beauftragt wurde, muss ihrerseits die Anforderungen des Kunden genau auf Machbarkeit prüfen: Ist der angegeben Budget-Rahmen zu niedrig oder sind mit dem gewählten Setup manche Anforderungen an die neue E-Commerce-Plattform technisch erst gar nicht möglich? In solchen Fällen ist es die Pflicht des Dienstleisters jedes erkannte Problem offen mit dem Kunden anzusprechen und zu kommunizieren. Wenn ein Projekt starten und auch erfolgreich abgeschlossen werden soll, müssen alle Stakeholder stets über alle Gegebenheiten informiert sein.
Was ist wichtig und was nur „Nice-to-Have“?
Damit ein Onlineshop erfolgreich sein kann, muss in der Projektentwicklung alles dafür getan werden, dass jede Möglichkeit, jedes interessante Konzept und jeder Ansatz vorher gut überlegt, getestet und ausgefeilt wurde. Dementsprechend ist die Antwort klar: Unter den hier vorgestellten Begriffen gibt es kein „Nice-to-Have“. Ein Prototyp ist gerade auf Entwicklerseite immer wichtig, ohne diesen kann kein einwandfreier und konkurrenzfähiger Onlineshop entstehen. Das Gleiche gilt für das Proof of Concept: Ordentliche Planung ist alles. MVP ist hier ein Sonderfall. Denn hierfür wird sich immer ganz bewusst entschieden – ein Gedankengang nach dem Motto „Lass uns das Modul einfach mal auf dem Onlineshop einbauen und dann schauen wir weiter“ gibt es eigentlich nicht und wäre nur der Beweis dafür, dass nicht gewissenhaft geplant wurde.
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