Bevor ein Unternehmen den Weg ins Netz beschreitet und einen Dienstleister damit beauftragt, die eigene E-Commerce Plattform zu schaffen, muss natürlich geklärt sein, welche Ziele das Unternehmen mit seinem E-Commerce Projekt genau verfolgt. Vor der Umsetzung muss die Definition der Anforderungen stehen. Wen soll der Shop überhaupt adressieren, und welche Anforderungen ergeben sich daraus?
Ein Unternehmen ist gut beraten, für diese initiale Phase seines Projekts eine externe Consulting-Unterstützung zu nutzen. Ein Anforderungsworkshop zu Beginn des Projekts ist im Grunde immer eine gute Idee. Gemeinsam mit der umsetzenden Agentur klärt das Unternehmen dabei, welche Ziele und Anforderungen es in Sachen E-Commerce im konkreten Fall gibt – und welche Implikationen das für den Shop und für seine Integration in andere Unternehmensprozesse hat. Der Vorteil bei einem Consulting durch die Agentur: Sie kennt alle Fallstricke bei der Umsetzung von E-Commerce Projekten.
Der Workshop zum Projektstart
Ein initialer Workshop mit dem späteren Betreiber und der umsetzenden Agentur ist schon deswegen eine gute Idee, weil die optimale Methode zur Anforderungserhebung meist ebenso individuell ist wie das E-Commerce Projekt selbst. Auch wenn zwei oder drei Tage für solch einen Workshop aufgewendet werden müssen: Es ist sinnvoll investierte Zeit. Die Zielgruppenanalyse ist eine zuvor zu erledigende Hausaufgabe für das Unternehmen. Im Workshop schließt sich daran unter anderem die Entwicklung von User Stories an: Wie sollen die Kunden und Mitarbeiter den Shop schließlich nutzen, und welche funktionalen Erfordernisse ergeben sich daraus? Zu den typischen Anforderungen an einen Shop zählt etwa, dass er hochperformant zu sein hat, dass er regelmäßige Produktimporte ebenso erlaubt wie Preisupdates und dass die Zahlungsmethoden bequem sein müssen. Vielleicht soll er auch Rabatte in Abhängigkeit vom Warenwert unterstützen oder den Besuchern auf den Produktdetailseiten Informationen per Video bieten.
User Stories zur Anforderungsanalyse
Das Agentur-Know-how bereits in der Phase der Anforderungsanalyse zu nutzen, ist schon deswegen sinnvoll, weil unterschiedliche User Stories zu ganz verschiedenen technischen Ansprüchen an den Shop führen können. Ein Konzern, der global aufgestellt ist und mitunter Tausende Kunden gleichzeitig auf seiner Plattform hat, hat andere Ansprüche an Performanz, weltweite Verfügbarkeit und internationales Hosting als ein Anbieter mit nur nationalem oder regionalem Fokus. Auch wenn in den Shop hunderttausende verschiedene Produkte einzupflegen sind, sind die Ansprüche im Backend des Shops ganz andere. Im anfänglichen Workshop ist der ideale Zeitpunkt, all dies festzulegen. Auch welche Stakeholder in dem E-Commerce Projekt zu berücksichtigen sind, spielt eine wichtige Rolle. Betreiber, Agentur, Kunden und Hosting-Partner – sie alle zählen zu den Stakeholdern im Projekt. Wobei sich diese Liste auf Betreiberseite oft noch weiter ausdifferenziert: Da gibt es im Unternehmen dann die Technik, den Vertrieb, das Marketing und zudem noch externe Partner, Lieferanten oder Fulfillment-Dienstleister. Auch ein dediziertes E-Commerce Team zusammenzustellen, kann sich für den Betreiber lohnen. Die Ansprüche all dieser Stakeholder sollten in die Anforderungsanalyse einfließen. Im Idealfall nehmen sie auch alle am Workshop teil.
Technische Integration
Der Workshop bringt auch Klarheit über die technischen Anforderungen jenseits des Shops. Es wird deutlich, zwischen welchen Systemen Schnittstellen erforderlich sind, welches ERP-System integriert werden muss, welches PIM und welches CRM. Wie sollen die Systeme miteinander interagieren, welche Datentransfers gibt es, und wo findet zum Beispiel die Kundendatenhaltung statt: im Shop selbst, im CRM-System oder an anderer Stelle? Wie viele Produktkategorien wird es geben, und wie viele Produktupdates sind in welchen Abständen erforderlich? Wenn es beispielsweise im Shop 500.000 verschiedene Produkte gibt, dann gestaltet sich ein stündliches Bestandsupdate alles andere als trivial.
Kosten realistisch ermitteln
Die Kosten für das E-Commerce Projekt nur nach einem zuvor definierten Pflichtenheft bestimmen zu wollen, wäre der alte, klassische Weg. Dazu muss ein Pflichtenheft aber die Ergebnisse der Anforderungsanalyse vorwegnehmen können. Genau das kann es nicht. Um die tatsächlichen Implikationen der Anforderungen zu ermitteln, sei es in technischer Hinsicht oder auch bei den Integrationserfordernissen, fehlt dem Unternehmen selbst aber typischerweise das Know-how – welches wiederum die realisierende Agentur einbringen kann. Oft haben die Auftraggeber selbst gar nicht auf dem Schirm, welche betriebswirtschaftlichen und auch logistischen Prozesse alle im Rahmen des E-Commerce Projekts angebunden werden müssen. In der Logistik wird es vielleicht darum gehen, in Zukunft auch Kleinteile verpacken zu können oder einen speziellen Palettenspediteur zu integrieren. Je größer das Projekt, desto sinnvoller ist es, den Agenturen für einen Pitch nur einen Budgetrahmen vorzugeben statt eines detaillierten Pflichtenhefts. Denn die exakten Anforderungen und die genauen Kosten lassen sich ohnehin erst nach dem Anforderungsworkshop festlegen.
Agilität durch User Stories
Der Vorteil von User Stories besteht darin, dass sie zwar das gewünschte Ergebnis beschreiben, ohne aber bereits den Weg zur technischen Umsetzung vorzugeben. Auch wenn es vorteilhaft sein kann, wenn die technischen Anforderungen nach dem Workshop eindeutig feststehen – zwingend ist es nicht. Auch ein agiles Vorgehensmodell, mit User Stories und Sprints, kann in einem E-Commerce Projekt sinnvoll sein. Dann kommt es allerdings darauf an, die User Stories detailliert zu beschreiben. Wenn die User Story etwa heißt, dass es einen einfachen Checkout geben soll, dann wird beispielsweise im Workshop auch gleich festgelegt, dass es einen großen roten Button zu geben hat und dass dem eingeloggten Kunden als Optionen nur seine zwei präferierten Zahlungsmethoden angezeigt werden. Aus der detaillierten User Story ergeben sich dann die Abnahmekriterien für das Ende eines Sprints. Ohnehin gibt es in den meisten E-Commerce Projekten Anforderungen, die nicht-funktionalen Charakter haben. Internationalität, Performance oder SEO und Marketing etwa sind Bereiche, die sich nicht durch eine einzige technische Funktionalität realisieren lassen. Auch deswegen stellt ein initialer Anforderungsworkshop, bei dem die Agentur den Auftraggeber auf Basis ihrer Realisierungserfahrung berät, ein wichtiges Fundament für ein erfolgreiches E-Commerce Projekt dar.
Hier finden sie die anderen Teile unserer Reihe zur E-Commerce Beratung:
Teil 1 – Guter Rat ist immer noch teuer
Teil 2 – Das Ziel bestimmt den Weg
Teil 3 – Bestimmen was man braucht
Teil 4 – Nicht ohne Inhouse-Team!
Teil 5 – Ein gutes System ist flexibel
Teil 6 – Die Business-Integration ist Pflicht
Teil 7 – Gute Planung ist die halbe Miete
Teil 8 – Analyse und Erfolgsmessung
Wollen Sie mehr über dieses Thema wissen? In unserem Whitepaper „E-Commerce-Projekte erfolgreich umsetzen“ erläutern wir Ihnen alles zum Thema Aufbau einer E-Commerce-Plattform und der damit verbundenen Digitalisierung.
Laden sie sich die PDF-Datei jetzt kostenlos herunter!