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E-Commerce Beratung – Teil 2: Das Ziel bestimmt den Weg

Hinter den meisten Schwierigkeiten in E-Commerce Projekten verstecken sich Möglichkeiten. Im Spannungsfeld zwischen erwünschten Ergebnissen (Zielen), gegebenen Bedingungen (Ressourcen), technischen Möglichkeiten (Umsetzung) und der Herangehensweise (Methoden und Modelle) sind schon so manche E-Commerce Projekte in Schieflage geraten. Wie bringt man diese Variablen in eine Gleichung, die sich lösen lässt?

 

Lange galt hier das Wasserfallmodell als die pauschale Lösung. Aus heutiger Sicht gibt es für die Abwicklung von Kundenprojekten aber nicht mehr den einen Königsweg. Unterschiedlichste Kundenanforderungen und vielfältige Zieldefinitionen bei einer breiten Palette an Möglichkeiten der technischen Umsetzung erfordern jedes Mal eine individuelle Beurteilung, wie ein E-Commerce Projekt aufzusetzen ist, bevor man mit der Planung und Konzeption beginnen kann. Dabei kann es auch nicht nur um ein Entweder-oder von sequentiellem oder agilem Vorgehen gehen. Letztlich gibt es viele Zwischenformen und fließende Übergänge.

 

Das eigentliche Projektziel

In all unseren Projekten ist es das Ziel, eine E-Commerce Lösung zu entwickeln, die einen definierten Kundennutzen, oder besser Unternehmensnutzen, erreichen soll. Das heißt, es geht nicht nur um das Stück Software „Shop“, das in Time, Quality und Budget geliefert werden soll, sondern auch um das, was sich der Kunde davon verspricht: z.B. direkt eine hohe Usability und dadurch eine messbare Reduktion von Abbrüchen und Anfragen beim Kundenservice sowie indirekt eine höhere Zufriedenheit der Servicemitarbeiter, die sich nicht mehr täglich mit den immer gleichen Fragen zu Funktionen oder Leistungen herumschlagen müssen. Der Nutzen beschreibt also die erwünschten Resultate des E-Commerce Projektes.

 

Projektstart – Die Ausgangslage

Bevor Kunde und Agentur darüber nachdenken, dieses Projektziel zu verwirklichen, müssen sie sich zuerst über die für die reibungslose Umsetzung notwendigen organisatorischen und kommunikativen Prozesse verständigen: Also vor allem über Ansprechpartner und Verantwortlichkeiten, Abläufe, Abstimmungswege, Entscheidungsbefugnisse, mögliche Eskalationsstufen, Art und Umfang der Kundenbeteiligung und dergleichen – und sich vergewissern, dass auf beiden Seiten dasselbe Verständnis herrscht. Gleiches gilt auch für die Zieldefinitionen und deren Priorisierung.

 

E-Commerce Projekte – Anforderungserhebung

Jetzt geht es an die Identifizierung der Anforderungen. Um keine wolkigen E-Commerce Luftschlösser zu bauen, darf dabei der kritische Blick auf das verfügbare Budget für die Umsetzung nicht verloren gehen. Häufig lassen sich Anforderungen und Budget nicht ad hoc in Einklang bringen. Hier ist es entscheidend, den Funktionsumfang möglichst klar zu definieren und die einzelnen Anforderungen zu priorisieren. Umso einfacher lässt sich dann aus der Fülle der Umsetzungsmöglichkeiten die kosteneffizienteste Variante wählen.

 

Aus der langjährigen Erfahrung heraus empfehle ich allen Kunden, deren Anforderungen noch nicht klar definiert sind, einen gesonderten Anforderungsworkshop mit erfahrenen  Beratern durchzuführen.

 

Vom Leistungsumfang zur Projektplanung

Das Ergebnis aus dieser Anforderungserhebung ist dann ein klar definierter Leistungsumfang. Sind die Anforderungen erhoben und bewertet, lassen sie sich in die Projektdefinition übernehmen, die dann dank des gegenseitigen Verständnisses zwischen Kunde und Agentur auch hinsichtlich Umfang, Aufwand und Risiken belastbar ist. Der Leistungsumfang und die Projektausprägung bedingen wiederum die Projektplanung und Organisation. Unter Projektausprägung verstehen wir die Notwendigkeit, die Aufgaben des Projektmanagements und der Projektumsetzung je nach Art und Umfang der Kundenbeteiligung aufzuteilen.

 

Wasserfall in E-Commerce Projekten

Ein Projekt mit fest definiertem Leistungsumfang und geringer Möglichkeit der Kundenbeteiligung am Entwicklungsprozess, gepaart mit einem festen Budget wird klassisch in ein Wasserfall-Projekt überführt. In diesem Fall finalisieren wir die Konzeption sowie das Projektdesign und stimmen es mit dem Kunden ab, bevor die Entwicklung der E-Commerce Lösung beginnt. Ein klassisches Pflichtenheft bildet somit die Basis des Projektes.

 

Wasserfall Modell

 

Während der Entwicklung sind Änderungen aber nur bedingt möglich und erfordern, sofern sie umgesetzt werden, eine detaillierte Dokumentation im Kontext des Gesamtkonzeptes. Klassischerweise werden diese als Change Request oder Feature Request in das Pflichtenheft mit aufgenommen. Nur auf dieser Basis kann eine geregelte Abnahme am Ende des Projektes erfolgen. Das Wasserfallmodell erfordert ein konsequentes Projektmanagement, optimaler Weise basierend auf einer bekannten Methodik wie PMI oder Prince2.

 

Agile Projekte

Komplett anders gelagert sind Projekte, bei denen der gewünschte Kundennutzen der E-Commerce-Lösung völlig klar ist und absolut im Vordergrund steht, der Weg zu diesem Projektziel – und die notwendige Technik – aber noch frei zu definieren ist. Für die Umsetzung dieser Projekte ist eine hohe Kundenbeteiligung erforderlich, da in jeder Phase der Entwicklung individuell entschieden werden muss, ob der Weg und die technische Lösung zielführend sind. Die Projektteams auf beiden Seiten müssen sehr eng und agil zusammenarbeiten sowie jederzeit entscheidungsfähig sein.

Agile Projekte sind dadurch gekennzeichnet, dass es vorkommen kann, dass eine bereits umgesetzte Entwicklung wieder verworfen und mit einem anderen Lösungsansatz neu gestaltet werden muss. Aus diesem Grund ist es für agile Projekte wichtig, kleine Funktionsbausteine (Products) zu definieren, die jeweils neu konzipiert werden. Der Fokus liegt allein auf der Erreichung des Ziels. Ein fix definiertes Budget, gepaart mit einem  fix definierten Leistungsumfang lässt sich in diesen Projekten nicht einhalten – es ist bei einem agilen Vorgehen auch nicht vorgesehen. Budgets werden abhängig von der Zielerreichung eingesetzt. Für agile Projekte eignet sich beispielsweise die SCRUM Methode, die in Sprints mit einer Umsetzungszeit von 14 Tagen einzelne Funktionsbausteine bearbeitet. Funktionsbausteine werden permanent definiert und im BackLog vorgehalten.

 

Zwischenfazit

E-Commerce Projekte, deren Leistungsumfang aufgrund der Komplexität von beiden Parteien nur bedingt eingeschätzt werden kann, müssen gesondert betrachtet werden.

Ein solches Projekt kann sicher in Teilprojekte und Phasen unterteilt werden, die sich klassisch mit der Wasserfall-Methode abarbeiten lassen. Die Erfahrung zeigt aber, dass ein solches Vorgehen bei Projekten in einem dynamischen Umfeld, etwa mit schnelllebigen Technologien, starken Wettbewerbseinflüssen oder sich schnell änderndem Nutzungsverhalten, schlicht zu starr ist. Die umfassende Leistungsdefinition zu Beginn des Projektes bietet nur wenig Spielraum, um während der Umsetzung auf Marktgegebenheiten reagieren zu können. Eine direkte Interaktion zwischen den Projektbeteiligten ist in dieser Methodik ebenfalls nicht vorgesehen.

Was also tun, wenn hohe Agilität aufgrund von Budgetvorgaben und kundenseitiger Projektunterstützung nicht möglich ist, die Umsetzung in der klassischen Wasserfall-Methode aber auch zu starr und kostenintensiv erscheint?

 

Hybride Vorgehensmodelle

Besonders bei Individualentwicklungen von Modulen und einer hohen Technologie-Orientierung fällt es häufig schwer, den Umsetzungsaufwand für neuartige Funktionsbausteine richtig abzuschätzen. Das Projektteam muss daher die Möglichkeit haben, eigenständig eine Lösung zu erarbeiten und gemeinsam mit dem Kunden zu eruieren bzw. Anpassungen vorzunehmen.

 

iteratives Vorgehen

 

Dies kommt in einem Großteil von E-Commerce Projekten vor, steht aber im Widerspruch zur Idee eines fixen Budgets. Man muss daher den Budgetrahmen so festlegen, dass sich das Projektziel auch dann erreichen lässt, wenn der Weg bzw. die technische Lösung noch nicht eindeutig beschreibbar ist. Dazu gehört also eine gewisse finanzielle Flexibilität. Außerdem muss es möglich sein, den Umfang der zu erbringenden Leistung dynamisch auf die aktuellen Marktgegebenheiten anpassen zu können. Das heißt, Funktionsbausteine müssen sich bei Bedarf komplett streichen, ändern, höher priorisieren oder durch neue Bausteine ersetzen lassen.

Für solche Projektlagen hat sich der iterative Ansatz bewährt.

Bei diesem Projektierungsansatz werden die Leistungsanforderung nach Bedarf in einzelne Abschnitte (Iterationen) eingeteilt, die sich dann in Einklang mit einem definierten Budgetrahmen bringen lassen. In einer solchen Iterationsphase lassen sich – im Gegensatz zu agilen Vorgehen – auch mehrere Funktionsbausteine erarbeiten. In jeder Iteration können und sollen die Projektbeteiligten den Wert der Entwicklung zielgerichtet beurteilen. Eine Abweichung von Budget oder Leistungsumfang ist somit immer begründet, abgestimmt und jederzeit transparent für alle Beteiligten nachvollziehbar.

 

Dieses Vorgehen erfordert einen intensiven, offenen Austausch unter allen Projektbeteiligten – und auf Kundenseite den Willen, die Ressourcen und das Know-how, das E-Commerce Projekt aktiv mitzugestalten. Ist das alles der Fall, erreicht man mit diesem Vorgehen eine hohe Kundenzufriedenheit und eine zielgerichtete, hochgradig auf Marktbedürfnisse und individuelle Geschäftsmodelle abgestimmte Entwicklung.

 


Hier finden sie die anderen Teile unserer Reihe zur E-Commerce Beratung:

Teil 1 – Guter Rat ist immer noch teuer

Teil 2 – Das Ziel bestimmt den Weg

Teil 3 – Bestimmen was man braucht

Teil 4 – Nicht ohne Inhouse-Team!

Teil 5 – Ein gutes System ist flexibel

Teil 6 – Die Business-Integration ist Pflicht

Teil 7 – Gute Planung ist die halbe Miete

Teil 8 – Analyse und Erfolgsmessung

 

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Ihr Kontakt

Hartwig Göttlicher
Hartwig Göttlicher
Head of Business Development
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