Im B2B-Onlinehandel steckt extrem viel Potential, trotzdem gehen einige Unternehmen die Digitalisierung ihrer Handelsstrukturen nur zögerlich an. Doch wenn sie sich der Digitalen Transformation nicht stellen, könnten sie dem „Digitalen Darwinismus“ zum Opfer fallen.
Der Digitale Wandel ist da – nutzen Sie ihn!
Digitalisierung. Dieses Buzzword können Manager und Unternehmer mittlerweile wahrscheinlich nicht mehr hören. Trotzdem ist es unerlässlich, sich mit dem Thema Digitalisierung beziehungsweise mit der Digitalen Transformation zu beschäftigen. Gerade der Handel steht vor großen Umbrüchen. Viele sehen den Umbruch als Bedrohung an. Doch was bringt es, den Kopf in den Sand zu stecken? Nichts.
Die Digitalisierung besitzt nicht nur ihre Herausforderungen und Schattenseiten, sondern auch ihre Chancen – gerade in den Bereichen Handel und Vertrieb. Mit den neuen digitalen Möglichkeiten werden bekannte Strukturen verschwinden, neue sorgen für einen rasanten Wandel.
E-Commerce: B2B ist deutlich größer als B2C
Der E-Commerce ist nicht mehr zu stoppen, der Onlinehandel wächst unaufhörlich weiter. Im Jahr 2000 betrug der Onlineumsatz (netto) in Deutschland 1,3 Milliarden Euro, 2016 wurden alleine in der Bundesrepublik schon 44,2 Milliarden umgesetzt. Ein Ende scheint nicht in Sicht. Zumal diese Zahlen nur den B2C-Bereich widerspiegeln. Laut dem „Branchenreport Onlinehandel“ des IFH Köln setzte das B2B-Segment über Webseiten und Marktplätze bereits 2012 rund 136 Milliarden Euro um – also ein Vielfaches des B2C-Umsatzes. Tendenz stark steigend. Dementsprechend besitzt die Digitalisierung des Vertriebs und Handels ein enormes Potential.
Dieses Potential wird aber aktuell von vielen Unternehmen noch nicht genutzt – oder nur in Teilen. „Der Umsatz mit Geschäftskunden wird zu zwei Drittel im Ladenverkauf und im Außenvertrieb realisiert“, sagt Gero Becker, Projektmanager beim IFH in Köln. Das werde sich in den kommenden Jahren rasant verändern, so der Experte. „30 Prozent der Großhändler glauben, dass der E-Commerce im B2B-Bereich bedeutender wird, nur zehn Prozent sehen im Online-Handel eine Bedrohung“.
Unternehmen sollten ihre eigenen Geschäftsmodelle hinterfragen
Sich der Digitalisierung zu stellen, bedeutet aber nicht nur, seine bisherigen Strukturen ins Internet zu übertragen. Wichtig dabei sind unter anderem die Faktoren Schnelligkeit und Mut. Letzteres wird benötigt, um im sogenannten Digitalen Darwinismus überleben zu können. Der digitale Wandel sorgt stellenweise für harte Umbrüche, die im härtesten Fall zu einer Disruption führen. Dieser Aufbruch von etablierten und über Jahrzehnte gewachsenen Strukturen kann dafür sorgen, dass ganze Unternehmen verschwinden.
Grundig, Quelle, Kodak und Nokia sind bekannte Beispiele hierfür: Weil es den Firmen nicht gelang, sich rechtzeitig auf die neuen Begebenheiten der Digitalisierung einzulassen, kamen sie in Bedrängnis. Deswegen benötigen Unternehmer den Mut, das eigene Geschäft ein Stück weit zu kannibalisieren. Ein Beispiel hierfür ist CEWE: Die einstigen Fotolabore und Ladengeschäfte sind weitesgehend Geschichte, dafür ist das deutsche Unternehmen nun Europas größter Fotodienstleister, bei dem die Endkunden ihre Bilder und Fotobücher online bestellen und digital drucken lassen können.
Die neue Form des E-Commerce: B2B muss wie B2C funktionieren
Trotz des Drucks befinden sich viele Händler erst am Anfang ihrer Digitalen Transformation. In der Umfrage „Herausforderung Digitalisierung – Wo stehen Händler heute?“ des ECC Köln gaben zwar knapp 71 Prozent der Befragten an, sie hätten einen eigenen Onlineshop oder eine Marktplatzanbindung, doch nur 37 Prozent besitzen eine voll digitalisierte Warenwirtschaft und nur 18,5 Prozent haben ihr Prozessmanagement umfassend digitalisiert.
Die bislang weitestgehend analogen B2B-Geschäftsmodelle zu digitalisieren sind ein wichtiger Schritt, denn Kunden haben im B2B mittlerweile ähnlich hohe Ansprüche wie im B2C. In der ECC-Cross-Channel-Studie B2B aus dem Jahr 2016 gaben 80 Prozent der befragten Geschäftskunden an, sie möchten ihre Beschaffung im geschäftlichen Bereich genau so komfortabel wie im privaten Bereich erledigen.
Hierdurch wird auch die Customer Journey massiv beeinflusst. Früher erhielten Geschäftskunden ihre Produktinformationen hauptsächlich über die Vertriebsmitarbeiter, heutzutage sind die Touchpoints ähnlich fragmentiert wie im B2C. Das bedeutet: Der Kunde besorgt sich seine benötigten Informationen in Katalogen, er recherchiert im Internet oder auf sozialen Netzwerken und am Ende kauft er vielleicht im Onlineshop ein. Interessant hierbei ist, dass trotz des Internets Print-Produkte weiterhin einen wichtigen Informationskanal im B2B-Bereich darstellen – 30 Prozent aller Onlinebestellungen geht einer Informationssuche in Printmedien voraus.
Neue Technologien, neue Mitbewerber, neue Chancen
Was Hersteller und Händler im Rahmen ihrer Digitalisierung nie vergessen sollten: Die Kundenanforderungen verändern sich analog zu den technischen Möglichkeiten rasant mit. Smartphones, Drohnen, Sprachassistenten wie Siri, Alexa und Cortana oder Virtual-Reality-Brillen schaffen neue Herausforderungen und Möglichkeiten gleichermaßen. Nicht nur das: B2B-Händler müssen auch den B2C-Markt im Blick halten. Zum Beispiel will Amazon nun mit seinem neuen Dienst Amazon Business die B2B-Kunden ansprechen.
Fazit: Was bedeutet das alles?
„Im B2C wie auch im B2B kommt es auf das Tempo an. Der Mut, das eigene Geschäft zu kannibalisieren, sichert die Zukunft. Und B2B-Geschäftsmodelle werden durch Endkunden bestimmt“, fasst Gero Becker drei wichtige Erkenntnisse zusammen, die Unternehmen bei der Digitalisierung ihrer Handels- und Vertriebsstrukturen beachten sollten.
Hinweis: Dieser Beitrag ist ein Extrakt aus einem Vortrag, den Gero Becker am 18. Oktober 2017 auf der Magento B2B Roadshow in Frankfurt hielt.