Während sie in anderen Ländern fortgeschritten ist, hinkt die Digitalisierung im B2B-Vertrieb deutscher Unternehmen teilweise immer noch hinterher. Jedoch erfordern Kundschaft und Wettbewerb eine schnelle Transformation. Worauf es dabei ankommt, zeigen wir in diesem Blogbeitrag.
Alte Gewohnheiten aufbrechen
Die Digitalisierung der deutschen Wirtschaft schreitet zwar voran, aber in vielen Fällen nur langsam. Auch im B2B-Sektor ist die Lage noch ausbaufähig. Vertriebsstrukturen sind hier von den Unternehmen seit Jahrzehnten gelernt und erprobt. An weitreichende Veränderungen im Zuge der Digitalisierung trauen sich deshalb längst nicht alle Firmen heran. Zu groß erscheint das Risiko, dass das Geschäft nach einer Transformation hin zu einer digitalen B2B-Service-Plattform nicht mehr läuft, weil Kundschaft und langjährige Beschäftigte den Vertrieb anders gewohnt sind. Gerade das Fehlen des persönlichen Kundenkontakts sehen B2B-Unternehmen gerne als Wagnis für den Vertrieb an, die Kundenbindung würde leiden.
Tatsächlich erfordert die digitale Aussteuerung etablierter Vertriebswege etwas an Mut und Tatendrang, aber es lohnt sich, um in der Zukunft wettbewerbsfähig zu bleiben. Das gilt insbesondere gegenüber Unternehmen aus anderen Ländern wie etwa denen, die bei der Digitalisierung ihres Geschäfts viel weiter sind. Immer mehr Unternehmenskunden wünschen sich auf B2B-Ebene dieselben digitalen Möglichkeiten wie sie sie bereits aus dem B2C-Umfeld und dem Privatgebrauch kennen. Schließlich ist ein vollumfänglicher Onlineshop längst zur Normalität geworden. Wieso sollte es einen solchen nicht auch im B2B geben? Überlegungen wie diese sorgen für ein zwiegespaltenes Bild in den Vertriebsabteilungen deutscher Unternehmen.
Bewusstsein für digitalen B2B-Erfolg vorhanden
Das zeigt sich beispielsweise an der Umfrage „Was Vertrieb und Marketing erfolgreich macht“ der Wirtschaftsberatung von Ernst & Young (EY) unter knapp 200 Führungskräften aus B2B-Unternehmen. Darin gibt jede zweite befragte Person an, dass die Digitalisierung aus ihrer Sicht ein wichtiges Instrument zur Effizienzsteigerung in der eigenen Firma sei. Auch eine ähnliche Studie des Marktforschungsinstituts ECC Köln zur „Customer Journey im B2B“ geht in diese Richtung: Mehr als die Hälfte (56 Prozent) von 128 befragten Entscheidern aus B2B-Firmen erhoffen sich einen größeren Unternehmenserfolg durch digitale Vertriebsangebote.
54 Prozent der Befragten berichten von zufriedenerem Kunden-Feedback infolge digitalisierter Services. Und tatsächlich werden über die gesamte Bandbreite hinweg bereits mehr als die Hälfte aller B2B-Prozesse der Customer Journey online abgewickelt. Zudem nutzen nach einer Umfrage der Universität Regensburg 56 Prozent der befragten B2B-Unternehmen einen Onlineshop für den Verkauf an Geschäftskunden. Es ist also ein generelles Bewusstsein der Unternehmen für den Nutzen eines digitalen B2B-Vertriebs vorhanden.
Allerdings belegen beide Umfragen zugleich den begrenzten Eifer bei einer umfangreichen B2B-Digitalisierung in den deutschen Firmen: Nicht einmal jeder zweite Befragte (48 Prozent) aus der EY-Studie glaubt an eine erhöhte Bedeutung von Online-B2B-Kanälen auf absehbare Zeit. Und zumindest bei den mittelständischen Unternehmen ist der Anteil jener Firmen, die Online-Verkäufe an Unternehmen abwickeln, zwischen 2015 und 2021 sogar rückläufig gewesen: Er sank nach einer Erhebung von Eurostat in diesem Zeitraum von 21 Prozent auf 14 Prozent.
Zudem wird Potenzial verschenkt, was die effektive Verwendung der Kundendaten angeht, die aus den neuen digitalen B2B-Kanälen gezogen werden könnten: Nur etwa die Hälfte der Befragten aus der EY-Umfrage gibt an, professionelle Tools zur intelligenten Datenanalyse einzusetzen. Dabei würden gerade diese Informationen helfen, jene persönliche Ansprache der Geschäftskunden aus der analogen in die digitale Welt zu überführen. Wie im B2C-Commerce wären dann zum Beispiel auch individuelle Marketing-Kampagnen und ein gezielter Kundenservice möglich.
Maßnahmen an veränderten Kundenbedürfnissen ausrichten
Um die Digitalisierung im B2B beherzt anzugehen, braucht es einen klaren Maßnahmen-Katalog, an dem sich die Unternehmen orientieren können. Dieser muss konkrete Ansatzpunkte definieren und darf das übergeordnete Ziel nicht aus dem Blick verlieren: Wohin möchte ein Unternehmen mit einer B2B-Transformation in Zukunft gelangen? Eine umfassende digitale Vertriebsstrategie anstelle vieler Einzelschritte ist gefragt. Sie muss den veränderten Kundenbedürfnissen in Deutschland und auf dem internationalen Markt Rechnung tragen. Je digitaler der B2B-Commerce aufgestellt ist, desto zufriedener wird ein Großteil der Kundschaft.
Viele Aspekte, die im B2C inzwischen etabliert sind, schaden auch dem B2B nicht. Insofern kann das B2C-Umfeld zur Orientierung dienen. Hier wie dort wollen Kunden beispielsweise ihre Bestellungen schnell, einfach und digital abschließen. Im B2B bedeutet das: Es sind im Normalfall keine großen Umwege über persönliche Vertriebskontakte gewünscht. Erst wenn spezielle Fragen oder Probleme auftauchen, muss der Vertrieb zur Stelle sein – so wie der Kundenservice hinter Onlineshops im B2C. Die Notwendigkeit intuitiv bedienbarer und informativer Marktplätze ist daher auch im B2B gegeben. Funktionelle EDI-Tools zur elektronischen Datenverarbeitung, die Geschäftsabläufe integrieren und Prozesse automatisieren, sind ebenfalls ein wichtiges Element. Transaktionen sind dadurch effizienter und schneller abzuwickeln. Auch im B2B wollen Kunden heute schließlich durch positive Erfahrungen in der Customer Journey begeistert werden.
Stellschrauben zur B2B-Digitalisierung
Wo sollten Unternehmen also ansetzen, um eine schlagkräftige Digitalstrategie zur B2B-Kundenbindung aufzubauen? Wichtige Punkte sind in den meisten Fällen folgende:
- Marketing und Vertrieb verzahnen: Immer häufiger verschwimmen durch die Digitalisierung altbekannte Grenzen zwischen Marketing und Vertrieb. Entsprechend sollten auch B2B-Unternehmen die Zusammenarbeit beider Abteilungen ausbauen. Das Leadmanagement des Marketings ist ein Beispiel: Es findet zunehmend über Online-Kanäle statt, die Auswahl an potenziellen Kunden ist dadurch größer. Deshalb sollte der Vertrieb seine anvisierten Personas-Profile mit den Marketing-Kollegen teilen, damit diese eine gezieltere Vorauswahl treffen können.
- Informationsmanagement optimieren: Mussten sich Kunden früher erst mit den Vertriebsmitarbeitern unterhalten, um mehr über Produkte zu erfahren, können sie ihre Informationen heute bereits vorab aus digitalen Kanälen ziehen. Umso nötiger ist es, die Beschreibungen für alle relevanten Ausspielwege aufzubereiten. Haben Kunden online keine ausreichenden Angaben zu den Produkten parat, kontaktieren sie gar nicht erst den Vertrieb und laufen zur Konkurrenz über, die digital präsenter ist. Neben der reinen Informationsvermittlung ist auch die Darstellung entscheidend: 3D-Grafiken oder Onlinevideos helfen dabei, komplexere Produkte anschaulicher zu präsentieren.
- Digitalen Service bereitstellen: Haben Kunden zu den vorgefundenen Informationen Fragen oder besteht Kaufinteresse, verlangen sie heute meist nach niedrigschwelligen Möglichkeiten der Kontaktaufnahme. Dabei helfen etwa intelligente Chatbots oder Livechats mit Mitarbeitern aus Vertrieb oder Marketing. Auch nach dem Kauf ist digitaler Service hilfreich: Ein persönlicher Online-Kundenbereich mit Möglichkeiten zum Self-Service erleichtert nicht nur den Kunden die Verwaltung, sondern verschlankt auch die Prozesse für Unternehmen. So können sich Beschäftigte aus Vertrieb oder Produktmanagement rein zielgerichtet auf Kundennachfrage tätig zu werden. Arbeitsaufwand und Kosten sinken.
- Passende Tools und Software einsetzen: Damit die Digitalisierung des B2B-Vertriebs auch technisch gelingt, kommt es auf die richtige Software an. Zur Analyse von Kundendaten, zum Managen des Kundenservices oder zum Abwickeln der Verkaufsprozesse werden individuell zugeschnittene Features und Tools benötigt. Wo es sinnvoll ist, kann der Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) den Vertriebsteams einen echten Booster verleihen. Zum Beispiel bei der Analyse von Kundenaktivitäten oder der Automatisierung von Teilen des Kundenservice.
Konsequente und individuelle Transformation
Wollen Unternehmen in Deutschland also nicht den Anschluss ans zeitgemäße, globale B2B-Geschäft verlieren und am Wachstum des B2B-E-Commerce teilhaben, müssen sie die Digitalisierung auch auf diesem Feld konsequent vorantreiben. Alte, analoge Gewohnheiten müssen überdacht werden, auch wenn sie bislang funktionierten. Um am Ball zu bleiben, sollten B2B-Unternehmen aber nicht viele unkoordinierte Einzelmaßnahmen treffen, sondern einen konkreten Plan mit einer ganzheitlichen Strategie verfolgen. Dazu gehören ein funktionabler, vollumfänglicher Onlineshop, eine geschickte Datenanalyse, eine effiziente Zusammenarbeit aus Marketing und Vertrieb sowie die passende IT-Landschaft.
Allerdings darf der individuelle Hintergrund eines B2B-Unternehmens und seiner Kundschaft nicht aus dem Blickfeld geraten: Wie kompliziert sind die vertriebenen Produkte? Wie tech-affin und empfänglich für digitalisierte Vertriebsstrukturen sind die jeweiligen Geschäftskunden? Je erklärungsbedürftiger die Ware ausfällt, umso vorsichtiger sollten Unternehmen die Transformation angehen. Muss die Kundschaft mehr an die Hand genommen werden, erhöht sich der Aufwand für das Change-Management. Es gilt zu überlegen, wie die digitalen Strukturen von Shops und Tools möglichst verständlich implementiert werden können. Trotz aller Dringlichkeit der Digitalisierung im B2B, darf diese nicht überall mit der Brechstange erfolgen.
Sie möchten mehr über den digitalen Vertrieb erfahren? In unserem kostenlosen Whitepaper „In 10 Schritten zum digitalen Vertrieb“ erfahren Sie, wie Sie einen digitalen Vertrieb für Ihr Unternehmen aufbauen. Jetzt kostenlos downloaden.
Bild: freepik